Die Konferenz der ostdeutschen Städte im Deutschen Städtetag formuliert Erwartungen an den Flüchtlingsgipfel mit Kanzler Scholz am 10. Mai.

„Die finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern für die Städte muss sich den steigenden Flüchtlingszahlen anpassen.“ Dies fordert Rene Wilke, Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder) und Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetags, mit Blick auf den sogenannten Flüchtlingsgipfel, zu dem sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Ministerpräsidenten am 10. Mai trifft. Vielerorts würden Flüchtlinge aufgrund mangelnder Kapazitäten in Zelten, provisorischen Unterkünften oder Messehallen untergebracht. „Der Druck auf die Städte ist enorm“, so Wilke im Anschluss an die Konferenz der ostdeutschen Städte im Deutschen Städtetag, die gestern in Frankfurt (Oder) stattfand. Bund und Länder müssten dringend für „eine echte Entlastung“ sorgen.

Flüchtlingsgipfel: Es fehlt an Geld und Räumen

Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine 2022 kamen mehr als eine Million ukrainischer Flüchtlinge nach Deutschland. Die vom Bund für die Kommunen dafür zugesagten zusätzlichen Mittel in der Größenordnung von 2,75 Milliarden Euro reichten nicht aus, um die Aufnahme zu bewältigen. „Mit Geld allein ist den Städten aber nicht geholfen“, betont Wilke.

Vielerorts fehle es an räumlichen Kapazitäten, Gebäuden und Flächen für die Unterbringung. „Die Länder müssen ihre Aufnahmekapazitäten deutlich ausbauen und dauerhaft vorhalten. Aber auch der Bund muss in einem mit Ländern und Kommunen abgestimmten Konzept eigene Unterbringungskapazitäten zur Erstaufnahme schaffen“, so Wilke.

Integration wird in den Städten zur Daueraufgabe

Neben der Frage nach der Aufnahme von Flüchtlingen dürfe außerdem die mittel- und langfristige Perspektive nicht aus dem Blick geraten. Es gelte, die Rahmenbedingungen für eine gelingende Integration zu setzen. Dazu gehörten etwa Wohnraum, Kita- und Schulplätze. Wilke: „Wir brauchen das Personal, das sich um Integrationsaufgaben kümmert und Anträge bearbeitet. Die Städte stemmen den Großteil der Unterbringung und Integrationsarbeit vor Ort. Dafür brauchen wir Planungssicherheit und mehr Unterstützung.“

Eine Lösung für die sich in vielen Städten zuspitzende Situation sei für den gesellschaftlichen Zusammenhalt essentiell. „Populistische Kräfte versuchen, diese Situation für ihre Zwecke auszunutzen“, warnt Wilke. „Das muss ein Alarmsignal für alle politisch Verantwortlichen sein.“ Derzeit steige parallel zum Zuzug aus der Ukraine die Anzahl von Flüchtlingen aus anderen Ländern wieder an. Umso wichtiger sei es über nationale Regelungen hinaus, auf europäischer Ebene zu einer fairen Verteilung von Flüchtlingen zu kommen.

Grenzstadt Frankfurt (Oder): 30 Prozent über dem Soll

Wilke weist auf die lokale Situation in Frankfurt (Oder) hin. 2022 habe die Stadt etwa 30 Prozent mehr Flüchtlinge aufgenommen als im Verteilungsschlüssel vorgesehen. Für die 60.000-Einwohner-Stadt bedeutet das eine Größenordnung von 200 Menschen.

Besonders betroffen war Frankfurt als ostdeutsche Grenzstadt zu Polen vor allem zu Beginn des Ukrainekonflikts, als sie täglich für mehrere tausend Ukrainer auf der Durchgangsreise der Ankunftsort in Deutschland war. Außerdem erweist sich Frankfurt als eine durchaus präferierte Destination für Flüchtlinge aus der Ukraine. Dies hängt zum einen mit der in der Vergangenheit rückläufigen Einwohnerentwicklung Frankfurts und der damit verbundenen vergleichsweise guten Verfügbarkeit von Wohnraum zusammen. Zum anderen besteht gleichzeitig eine enge Vernetzung mit der polnischen Nachbarstadt Slubice, mit der kulturelle und teils familiäre Bezüge in die Ukraine einhergehen.

Stimmen vor dem Flüchtlingsgipfel werden lauter

Das Anliegen Wilkes ist nicht nur eines des Deutschen Städtetags und der ostdeutschen Städte. Genauso weisen die kommunalen Spitzenverbände in verschiedenen Bundesländern immer lauter auf die Lage hin. Unter anderem widmete sich vor wenigen Tagen die Oberbürgermeisterkonferenz des Niedersächsischen Städtetags dem Thema.

„Ein zweites Mal darf der Flüchtlingsgipfel nicht ergebnislos verlaufen“, mahnt Oberbürgermeister Claudio Griese aus Hameln. „Wir erwarten valide Ergebnisse und substanzielle Unterstützung der Kommunen.“ In ähnlichem Tenor hat der Saarländische Städte- und Gemeindetag am 21. April ein Thesenpapier zur Flüchtlings- und Migrationspolitik vorgelegt. Der Hessische Städte- und Gemeindebund will am kommenden Mittwoch über seine kommunalen Forderungen vor dem Flüchtlingsgipfel informieren.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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