Ein Jahr nach Beginn des russischen Kriegs untermauern Städte ihre Solidarität mit der Ukraine. Der Krieg wirkt auch auf deutsche Kommunen.

Der russische Krieg gegen die Ukraine bedeute auch eine Zeitenwende für deutsche Städte wie Kassel. Darauf weist der Kasseler Oberbürgermeister Christian Geselle in Anlehnung an den von Bundeskanzler Olaf Scholz geprägten Begriff „Zeitenwende“ in einem Statement ein Jahr nach Beginn des Kriegs hin. Am 24. Februar 2022 startete Russland den Angriff. Der Krieg habe globale Auswirkungen, und die Kommunen in Deutschland stelle er ebenfalls vor neue Herausforderungen, sagt Geselle. Zahlreiche Städte untermauern zum heutigen Jahrestag des Angriffs ihre Solidarität mit der Ukraine. Gestern tauschten sich Mitglieder des nordrhein-westfälischen Städtetags bei einer Videokonferenz mit ukrainischen Bürgermeistern aus.

Krieg gegen Ukraine: Effekte auf den Stadtkonzern

Zu den Auswirkungen des Ukrainekonflikts auf die Städte zählt Geselle zuvorderst die Aufnahme von Flüchtlingen. „Wir mussten schnell reagieren, um Unterkunft und Versorgung der geflohenen Menschen sicherzustellen.“ Nach Kassel kamen etwa 4.500 ukrainische Flüchtlinge. Im weiteren Verlauf habe die Stadt die Integration der Menschen in die Stadtgesellschaft vorgebracht, so Geselle. Damit hingen Aspekte wie die Versorgung mit Wohnraum, die Aufnahme in Kitas und Schulen oder die Qualifikation und der Einbezug in den Arbeitsmarkt zusammen.

Darüber hinaus habe die neue geopolitische Lage Effekte auf den gesamten Stadtkonzern. Sie erhöhe Transformationsnotwendigkeiten, erklärt Geselle. Neben dem Kampf gegen den Klimawandel dynamisiere nun das Streben nach einer höheren Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, insbesondere von russischen Gaslieferungen, die Energiewende. Ebenso widme sich die Stadt verstärkt dem Schutz kritischer Infrastrukturen.

NRW-Städte: Austausch mit ukrainischen Kommunen

Um ihre Solidarität zu unterstreichen, trafen sich gestern nordrhein-westfälische Oberbürgermeister und Bürgermeister aus Reihen des NRW-Städtetags bei einem virtuellen Austausch mit ukrainischen Amtskollegen. „Wir stehen fest an der Seite der Ukrainer“, sagt Thomas Kufen, Vorsitzender des Städtetags und Oberbürgermeister von Essen. In Nordrhein-Westfalen finden über 225.000 Menschen aus der Ukraine Schutz. Bei der Videokonferenz waren aus der Ukraine unter anderem die Stadtspitzen von Riwne und Okhtyrka vertreten. Zudem nahmen Iryna Shum, ukrainische Generalkonsulin in Düsseldorf, sowie der Nathanael Liminski, Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, an dem Austausch teil.

Dabei weist Kufen auf die Kraft der Städtediplomatie und kommunaler Partnerschaften hin. „Gerade in dieser Zeit der Krise sehen wir die große Kraft der Zusammenarbeit von etwa 130 Städten aus Deutschland und der Ukraine.“ Dies betreffe nicht nur die Aufnahme von Flüchtlingen hierzulande, sondern auch konkrete Maßnahmen vor Ort wie Hilfstransporte in die Ukraine. Kufen: „Es geht um Frieden, um Demokratie, es geht um Freiheit, es geht um europäische Werte.“

Ukrainekonflikt: Städte senden Zeichen der Solidarität

Derweil setzen zahlreiche deutsche Städte abermals Zeichen der Solidarität. Beispielsweise hisst Oberbürgermeister Dennis Weilmann in Wolfsburg heute die Flagge des Friedensbündnisses „Mayors for Peace“ auf dem Rathausplatz. Zudem leuchten das Rathaus (Foto oben) und weitere Wahrzeichen der Stadt am Abend in den Farben der Ukraine.

Auch in Oberhausen laufen diverse Initiativen, die an den Jahrestag des Kriegsbeginns erinnern. Darunter sind eine abendliche Kundgebung sowie eine Ausstellung mit Werken ukrainischer Künstler. Oberbürgermeister Daniel Schranz nimmt zudem an der heutigen Gedenkveranstaltung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Jahrestag des russischen Überfalls teil. Nach Oberhausen kamen nach Angaben der Stadt seit Kriegsbeginn rund 3.200 Flüchtlinge aus der Ukraine. Die 200.000-Einwohner-Stadt verzeichnet dadurch ein Bevölkerungswachstum um rund 1,5 Prozent. „Die Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Geflüchteten war ein gemeinsamer Kraftakt und ein Stück gelebte Solidarität“, sagt Schranz. Darüber hinaus zeige sich nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Städtepartnerschaft mit Saporishja ein starkes bürgerschaftliches Engagement für die Ukrainehilfe.

Info

Im Interview mit #stadtvonmorgen spricht die ukrainische Generalkonsulin Iryna Shum über deutsche Kommunen im Ukrainekonflikt und darüber, wie Städtepartnerschaften der Ukraine helfen können.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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