Eine sichere medizinische Daseinsvorsorge wird für Kommunen zunehmend zum Standortfaktor. Insbesondere ländliche Regionen ringen mit einem Ärztemangel und damit verbundenen Versorgungslücken. Dies betrifft sowohl die ambulante Versorgung durch niedergelassene Haus- und Fachärzte als auch die stationäre Versorgung in Krankenhäusern. Um dem etwas entgegenzusetzen, starten die westpfälzischen Landkreise und Städte sowie der Landkreis Bad Kreuznach eine interkommunale Initiative zur Ausbildung von Nachwuchsärzten.
Stipendien für Medizinstudium in Ungarn
Zu den Kommunen der Westpfalz zählen die Städte Kaiserslautern, Pirmasens und Zweibrücken sowie die Landkreise Kaiserslautern, Donnersbergkreis, Kusel und Südwestpfalz. Die Oberbürgermeister und Landräte stellten die neue Initiative gestern bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Kaiserslautern vor. Angesichts der begrenzten Medizinstudienplätze in Deutschland zielt sie darauf ab, Stipendien für ein deutschsprachiges Medizinstudium an der Universität in der ungarischen Stadt Pecs zu vergeben.
Das Stipendium betrifft die Übernahme der Studiengebühren in Höhe von 7.500 Euro pro Semester, also 15.000 Euro pro Jahr. Ab dem kommenden Wintersemester vergibt die Initiative jährlich bis zu 16 solcher Förderungen. Das Studium in Ungarn kann ohne Numerus Clausus aufgenommen werden. Die durch das Programm geförderten Studenten verpflichten sich dazu, im Anschluss an ihr Studium mindestens drei Jahre als Arzt in der Westpfalz zu arbeiten.
Ärztliche Versorgung als Zukunftsthema
Um ihr Vorhaben zu realisieren, gründen die acht Gebietskörperschaften den Verein „Ärzte für die Westpfalz“. Der Verein koordiniert zukünftig die Aktivitäten der Initiative. Vor allem akquiriert er die nötigen Mittel, um die Stipendien zu finanzieren. Die Gebietschefs setzen auf die Bereitschaft ansässiger Unternehmen sowie kommunaler Betriebe, die finanzielle Basis für die Initiative zu schaffen. Zu den Impulsgebern der Initiative gehören auch das Westpfalz Klinikum, das bereits mit der Universität Pecs zusammenarbeitet, sowie der Verein Zukunftsregion Westpfalz, der sich der Standortförderung verschrieben hat.
Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sei vor allem in ländlichen Regionen ein elementares Zukunftsthema, erklärt der Kuseler Landrat Otto Rubly. Denn zusätzlich zu den sich bereits jetzt abzeichnenden Versorgungslücken spitzt der demografische Wandel in den nächsten Jahren den Ärztemangel zusätzlich zu. In den acht Gebietskörperschaften ist knapp die Hälfte der praktizierenden Hausärzte über 60 Jahre alt und steuert auf den Ruhestand zu. Was Fachärzte betrifft, ist rund ein Drittel über 60 Jahre alt. „Es mangelt an Nachwuchs“, sagt der Kaiserslauterer Landrat Ralf Leßmeister.
Überparteiliche Initiative „einzigartig“
Sorgen bereitet die Situation den Kommunen aus verschiedenen Perspektiven. Zum einen geht es ihnen darum, die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Zum anderen stehen sie als Träger von Gesundheitsämtern oder Krankenhäusern selbst vor der dringenden Hausforderung, immer größer werdende Personallücken schließen zu müssen. Darüber hinaus sehen sie die Stabilität der Gesundheitsversorgung als einen wichtigen Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen und Fachkräften an. Unter diesem Blickwinkel seien schon jetzt viele in der Region ansässige Firmen dazu bereit, die Initiative finanziell zu unterstützen, so Rubly.
Die Dimension der Herausforderung, vor die der Ärztemangel die Kommunen stellt, zeige sich an dem besonderen Format der interkommunalen Zusammenarbeit, sagt Kaiserslauterns Oberbürgermeister Klaus Weichel. Die Kooperation reiche nicht nur über die Grenzen von Gebietskörperschaften, sondern auch über die von Parteien hinweg. Mit der Initiative formiere sich „ein überparteilicher Verbund, der der Region verpflichtet ist“, so Weichel. In dieser Form sei das Engagement „einzigartig“. Neben Rubly, Leßmeister und Weichel stellten bei der Pressekonferenz aus Sicht der Kommunen die Oberbürgermeister Markus Zwick (Pirmasens), Marold Wosnitza (Zweibrücken) sowie die Landräte Rainer Guth (Donnersbergkreis), Susanne Ganster (Südwestpfalz) und Bettina Dickes (Bad Kreuznach) die gemeinsame Initiative vor. Das Foto oben zeigt alle Teilnehmer der Pressekonferenz.