Bis 2030 könnten dem öffentlichen Sektor mehr als eine Million Fachkräfte fehlen. Darauf weist jetzt eine aktuelle Studie des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens PwC Deutschland hin. Dabei geht die Studie nach eigenen Angaben von optimistischen Schätzungen aus. Pessimistischere Szenarien bezifferten die Lücke zwischen dem Personalbedarf und dem verfügbaren Personal laut PwC sogar auf über 1,6 Millionen Fachkräfte. Die PwC-Studie „Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor“ gibt darüber hinaus Handlungsempfehlungen, wie die Personalnot abgemildert werden kann.
Personalmangel wird zum Problem von Verwaltungen
Insgesamt sind im öffentlichen Sektor knapp sechs Millionen Fachkräfte beschäftigt. In ihrer Prognose geht die Studie von einem konstant bleibenden Arbeits- und Aufgabenvolumen aus. Demnach fehlen bereits bis 2025 über 765.000 Fachkräfte. So nimmt nach den PwC-Zahlen der Personalmangel gegenüber 2021 mit 450.000 fehlenden Fachkräften absehbar um 60 Prozent zu. Die entstehenden Lücken zu schließen, werde zu einer der drängendsten Aufgaben von Verwaltungen.
„Viele Positionen im öffentlichen Dienst lassen sich nicht mehr mit Fachkräften besetzen, und zwar auf allen Ebenen. Diese Lücke wächst von Jahr zu Jahr“, heißt es in dem Papier. „Findet der öffentliche Sektor keine wirksamen Instrumente, um den Fachkräftemangel zu beheben, hat dies weitreichende Konsequenzen für die gesamte Gesellschaft. Im schlimmsten Fall kann das die Funktionstüchtigkeit des Staates einschränken oder gar dazu führen, dass der Staat manche seiner Kernaufgaben nicht mehr erfüllen kann.“
Handlungsempfehlungen gegen den Fachkräftemangel
Um der prekären Situation etwas entgegenzusetzen, gibt die PwC-Studie zehn Handlungsempfehlungen. Diese könnten „kurz- bis mittelfristig helfen, den bereits vorhandenen Fachkräftemangel wirksam abzuschwächen“. Wie stark, sei jedoch nicht final abschätzbar. Sollten alle der vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen umgesetzt werden, sei noch immer mit einer „massiven Fachkräftelücke von gut 160.000 bis rund 500.000 Fachkräften unter insgesamt eher optimistischen Annahmen zu rechnen“, heißt es in dem Papier. Mit ihren Handlungsempfehlungen wolle die Studie vielmehr einen Diskussionsimpuls setzen und den Austausch über das Thema stimulieren.
Strategisch lassen sich die Lösungsvorschläge in zwei Kategorien einteilen. Die erste zielt auf das Personalangebot ab. Hier geht es um Maßnahmen, die den Kandidatenpool vergrößern, indem sie etwa die bestehende Rekrutierungsstrategie der öffentlichen Stellen verbessern. Die zweite zielt auf die Personalnachfrage ab. Hier geht es darum, den Personalbedarf im öffentlichen Sektor abzusenken – etwa durch die Verschlankung von Verwaltungsprozessen oder die stärkere Bindung von Mitarbeitern.
Den Kandidatenpool erweitern
Um den Kandidatenpool zu erweitern, schlägt die Studie unter anderem vor, den Renten- und Pensionseintritt zu flexibilisieren. Dazu gehört, Anreize zur Frühverrentung abzubauen und im Gegenteil attraktive Modelle für ein freiwillig längeres berufliches Engagement zu schaffen. Zudem fokussiert sie das Thema Zuwanderung. Dabei geht es zum einen um eine unbürokratischere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse beim Engagement von Zuwanderern im öffentlichen Sektor. Zum anderen geht es aber auch um Maßnahmen, die die Integration ausländischer Kräfte in die Privatwirtschaft erleichtern – und damit insgesamt den Wettbewerb um qualifiziertes Personal entspannen.
Hinsichtlich der Rekrutierung neuer Kräfte sei es nötig, die Arbeitgeberattraktivität des öffentlichen Sektors zu steigern, heißt es in der Studie. Dies meint sowohl die Vergütungs- und Tarifmodelle als auch die „weichen Faktoren“ wie eine wertschätzende Mitarbeiterführung, die Sinnhaftigkeit der Aufgaben oder Arbeitsbedingungen, die gesundheitlichen und familiären Bedürfnissen entsprechen. Darüber hinaus müssten Quereinstiege erleichtert werden – und zwar systematisch und nicht nur dort, wo der Mangel besonders groß ist. Alles in allem bedürfe es einer übergeordneten Kommunikationsstrategie, um das Image der öffentlichen Hand als Arbeitgeberin zu untermauern. Dazu gehöre, Merkmale wie die Sicherheit im Beschäftigungsverhältnis oder die sinnstiftende Gemeinwohlorientierung der Arbeit herauszuarbeiten.
Den Personalbedarf reduzieren
Um den eigenen Personalbedarf zu reduzieren, rät die Studie den Verwaltungen dazu, Standardprozesse schnell und konsequent zu digitalisieren. Ebenso bedürfe es einer motivierenden Personalpolitik und Führungskultur, die zur Zufriedenheit der Beschäftigen beiträgt. Dies erhöhe die Arbeitsfähigkeit und senke die Fluktuation. Darüber hinaus schlägt die Studie Kooperationen mit der Privatwirtschaft vor, um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu stärken.
Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt das Maßnahmenbündel nicht. Das ist auch richtig. Denn über die grundsätzlichen Ansätze, die die Studie aufzeigt, hinaus können die Lösungsansätze zur Milderung des Personalengpasses mannigfaltig sein. Denkbar sind etwa auch verwaltungsübergreifende, interkommunale Kooperationen, mit denen sich gerade große Transformationsaufgaben, für die zusätzliche Ressourcen nötig sind, wie die Digitalisierung gemeinsam effizienter bewältigen lassen als alleine.