Der aktuelle Baukostenanstieg bremst zusammen mit steigenden Zinsen und sinkender Kaufkraft den Wohnungsbau in Deutschland stark ab. Für November 2022 ermittelte das Statistische Bundesamt einen Rückgang der Baugenehmigungen für Wohnzwecke um 16,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Von Januar bis November lag der Rückgang bei 5,8 Prozent. Insgesamt wurde der Bau von 276.474 Wohnungen genehmigt. Auch die Zahl der tatsächlich neu gebauten Wohnungen dürfte 2022 weit unter der Zielgröße von 400.000 Wohnungen gelegen haben. Bundesbauministerin Klara Geywitz hat dieses Neubauziel inzwischen auf 2024 verschoben. Für viele Städte verschärft sich unterdessen der Mangel an Wohnraum. Heiko Wingenfeld, Oberbürgermeister von Fulda, nannte unlängst auf einer Pressekonferenz des Hessischen Städtetags das Ringen um bezahlbaren Wohnraum auch vor dem Hintergrund der Unterbringung von Flüchtlingen als ein „Hauptthema“ der Städte.
Baumaterial stark verteuert
In seiner gestrigen Meldung zum Baukostenanstieg wies das Statistische Bundesamt noch einmal auf die wesentlichen Ursachen für den anhaltenden Preisanstieg bei Baumaterialien hin: Coronapandemie und Ukrainekrieg hätten Lieferengpässe, Materialknappheit und gestiegene Energiepreise zur Folge gehabt. Im Jahresdurchschnitt 2022 verteuerten sich beispielsweise Flachglas um 49,3 Prozent, HDF-Faserplatten um 46 Prozent und Stabstahl um 40,4 Prozent. Die Erzeugerpreise (ohne Energie) erhöhten sich dagegen nur um 14 Prozent. Auch die Preise von Bauleistungen stiegen nach Messungen des Statistischen Bundesamtes mit einem Plus von 16,4 Prozent 2022 überdurchschnittlich stark an.
Wohnungsmangel verschärft sich
Der Deutsche Mieterbund weist in diesem Zusammenhang auf den sich verschärfenden Wohnungsmangel hin – gerade im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Laut einer aktuellen Studie des Pestel-Instituts (Hannover) und des schleswig-holsteinischen Bauforschungsinstituts ARGE (Kiel) fehlten aktuell 700.000 Wohnungen. Unter dem Titel „Bauen und Wohnen in der Krise“ argumentieren die Autoren mit einer durch Zuwanderung weiter wachsenden Bevölkerung. Das Regierungsziel von jährlich 400.000 neu zu bauenden Wohnungen, von denen ein Viertel auf Sozialwohnungen entfällt, hält Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts, für „gut kalkuliert“.
Zusammen mit Baugewerkschaft, Sozial- und Branchenverbänden fordert der Mieterbund eine „Sozialwohnungsbau-Offensive“. 2022 seien nur 20.000 Sozialwohnungen gebaut worden. Der Staat müsse dringend ein Sondervermögen „Soziales Wohnen“ schaffen. Erforderlich seien hierfür in einem ersten Schritt 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025. Davon solle der Bund 38,5 Milliarden Euro aufbringen. 11,5 Milliarden Euro entfielen dann auf die Länder. Mit diesen Mitteln könne es gelingen, die noch fehlenden 380.000 Sozialwohnungen zu bauen.#