Wohnen dürfe keine soziale Frage sein, sagt Bundesbauministerin Klara Geywitz. Sie startet ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“.

400.000 Wohnungen will die Bundesregierung pro Jahr neu schaffen, darunter 100.000 sozial geförderte. Um dieses Ziel zu realisieren, stellte Bundesbauministerin Klara Geywitz gestern das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ vor. In dem Bündnis sind Akteure der Bau- und Immobilienwirtschaft, der Länder sowie die kommunalen Spitzenverbände vertreten. Bis Herbst möchte das Bündnis laut einer gemeinsam formulierten Erklärung konkrete Maßnahmen erarbeiten, um Wohnraum zu schaffen und den Bau zu beschleunigen. Zudem stellt der Bund bis 2026 14,5 Milliarden Euro für den Sozialwohnungsbau bereit. Die Länder seien nun gefragt, diese Mittel aufzustocken und zu aktivieren, so die Ministerin.

Geywitz: Bezahlbarer Wohnraum „Mangelware“

„Wohnen darf nicht länger eine soziale Frage sein“, erklärt die Ministerin die Intention ihres Anliegens. In vielen Städten sei bezahlbarer Wohnraum eine „Mangelware“. Dem wolle das Bündnis entgegenwirken. Das Ziel der Bundesregierung, dass jährlich 400.000 neue Wohnungen entstehen, sei „ambitioniert“. Sowohl die Coronakrise als auch der Ukrainekonflikt machten es zu einer „gewaltigen Herausforderung“.

Lieferketten seien gestört, die Preise für Baustoffe stiegen gewaltig, hinzu komme der Fachkräftemangel, so Geywitz. Zudem steige angesichts der Flüchtlinge aus der Ukraine der Bedarf an preisgünstigem Wohnraum nochmals. Gleichwohl halte die Bundesregierung an ihrer Zielsetzung fest. Die Arbeit des Bündnisses solle dazu beitragen, das Ziel, bedarfsgerecht und klimafreundlich neuen Wohnraum zu schaffen, zu erreichen.

Wohnen als „Stabilitätsfaktor unserer Demokratie“

Dafür möchte das Bündnis konkrete Maßnahmen erarbeiten. Die sollen darauf abzielen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, eine nachhaltige Bodenpolitik zu forcieren, klimagerecht zu bauen, Baukosten zu begrenzen sowie langfristig und dauerhaft Investitionen zu stimulieren. Im Herbst sollen die Vorschläge mit Bundeskanzler Olaf Scholz vorgestellt werden.

„Wohnraum in Deutschland ist so knapp und teuer wie nie zu vor. Gemeinsam sind Politik, Wirtschaft und Verbände in der Verantwortung, diese prekäre Lage zu beenden und Wohnen zu einem Stabilitätsfaktor unserer Demokratie zu machen“, so Geywitz. „Die nächsten Jahre müssen die Jahre der Schubumkehr auf dem Wohnungsmarkt werden.“

Bezahlbarer Wohnraum: Geywitz nennt Stellschrauben

Dabei zeigt die Ministerin einige Stellschrauben auf, an denen sie drehen will. Etwa verweist sie auf eine Novelle des Baugesetzbuchs. Insgesamt müsse der Wohnungsbau einfacher und unbürokratischer werden. Dazu gehöre es, den Umbau im Bestand zu erleichtern. Dies könne durch Umwidmung, Aufstockung oder Nachverdichtung geschehen und entlaste insbesondere Ballungsräume. Auch solle die Digitalisierung helfen, Planungs- und Genehmigungsprozesse zu beschleunigen.

Grundsätzlich bestünden an Bautätigkeiten „großes Interesse und großer Bedarf“. Für rund 800.000 Wohnungen in Deutschland seien Bauanträge fertig. Geywitz spricht vom Bauüberhang. Die Rahmenbedingungen seien so zu gestalten, dass die Vorhaben rasch umgesetzt werden könnten. Ebenso sagt sie zu, gesetzlich nachsteuern zu wollen, um den Einfluss der Kommunen zu stärken. Konkret geht es um das kommunale Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten, das nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zuletzt ausgehöhlt wurde.

Kommunale Spitzenverbände erwartungsvoll

Die kommunalen Spitzenverbände sehen der Bündnisarbeit erwartungsvoll entgegen. In einem gemeinsamen Pressestatement bekennen sich für den Städtetag Pit Clausen, Oberbürgermeister aus Bielefeld, für den Landkreistag Landrat Frank Vogel sowie für den Städte- und Gemeindebund Bürgermeister Ralph Spiegler zur Bündniserklärung. Demnach wollen die Kommunen dazu beitragen, das Gemeinwohl in der Wohnraumpolitik zu stärken.

Dabei weisen sie unter anderem auf das Verhältnis zwischen „wachsenden Wohnungsmärkten in vielen Metropolen und Schwarmstädten“ sowie „Leerständen in strukturschwachen Gebieten und in einigen ländlichen Räumen“ hin. „Dort, wo Wohnen bezahlbar ist, müssen leere Wohnungen aktiviert werden. Dafür benötigen wir auch auf dem Land eine flächendeckende Versorgung mit leistungsfähigen Breitbandnetzen einschließlich einer lückenlosen Mobilfunkversorgung. Und die Verkehrsinfrastruktur muss dort weiter ausgebaut und modernisiert werden.“

a.erb@stadtvonmorgen.de

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