Mit einer Ausstellung macht die Stadt Aalen auf ihr Rathaus im Stil des Brutalismus aufmerksam. OBM Rentschler fordert Respekt vor baukultureller Substanz.

„SOS Brutalismus – Betonmonster in Aalen und im Rest der Welt“ ist der Titel einer Ausstellung, die heute Abend im Rathaus der Stadt Aalen von Oberbürgermeister Thilo Rentschler eröffnet wird. Die Schau läuft bis zum 29. März in der Rathausgalerie. Sie steht im Kontext der geplanten Sanierung des Aalener Rathauses. Zugleich setzt die Ausstellung, bei der es sich um ein gemeinsames Projekt des Deutschen Architekturmuseums und der Wüstenrot Stiftung handelt, einen Debattenbeitrag in der Diskussion um den Umgang mit Rathäusern, die in der Nachkriegszeit errichtet wurden und die nun einer Sanierung bedürfen. Zudem lenkt sie das Augenmerk auf markante Bauwerke des Brutalismus.

Die Stadt hat um die anstehende Sanierung ihres Rathauses eine umfassende Bürgerbeteiligung mit zahlreichen Informationsveranstaltungen angelegt. Dazu gehört das Ausstellungsprogramm. Damit ist Aalen durchaus beispielgebend für andere Städte, in denen bisweilen hitzig überhaupt um den Erhalt ihres Rathauses gestritten wird.

Zwar habe das Rathaus in Aalen keine über 100-jährige Vergangenheit, doch OBM Rentschler mahnt bei diesem wie bei ähnlichen Sanierungsvorhaben zu Sensibilität und Respekt vor der baukulturellen Substanz. „Wie würde man ein Hamburger, ein Bremer oder ein Wiener Rathaus umbauen?“, fragt er mit Blick auf berühmte historische Bauten. „Es geht auch um eine Haltung, wie wir mit dem Bestand und dem Rathaus, dem repräsentativen Gebäude unserer Stadt, umgehen.“

Brutalismus korrespondiert mit Fortschrittsglauben

"SOS Brutalismus": OBM Thilo Rentschler und Kurator Oliver Elser (rechts) mit dem Ausstellungsplakat im Aalener Rathaus (Quelle: Andreas Erb)

„SOS Brutalismus“: OBM Thilo Rentschler und Kurator Oliver Elser (rechts) mit dem Ausstellungsplakat im Aalener Rathaus (Quelle: Andreas Erb)

Das Aalener Rathaus wurde vom Architekten Helmut Schaber erbaut und 1975 eingeweiht. Seine Erscheinung ist in der Stadtgesellschaft aufgrund der martialischen Betonfassade nicht unumstritten. Doch gerade die ist markant für den Brutalismus, der seine weltweite Hochphase zwischen 1950 und 1980 hat. Die typische Betonbauweise zeichnet sich durch Gebäude mit mächtiger Präsenz und klaren, progressiv wirkenden Formen aus.

Der Brutalismus korrespondiere mit einem weltweiten Fortschrittsglauben, der sich etwa in den Kontext der Entkolonialisierung in Afrika oder des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa einordnen lasse, erklärt Ausstellungskurator Oliver Elser. Beim Aalener Rathaus handele es sich um ein „brutalistisches Bauwerk, das im Vergleich mit den besten Betonbauten weltweit von hoher Qualität ist, auch wenn es nicht unter Denkmalschutz steht“.

Nicht wenige Rathausbauten aus der Nachkriegszeit sehen sich derzeit der Notwendigkeit einer Sanierung ausgesetzt. Zu den typisch brutalistischen Rathäusern der Republik gehören etwa die in Kaiserslautern, Reutlingen oder Heidenheim. Zudem verweist die Aalener Ausstellung auf das in Pforzheim hin. In ihrer kommenden Ausgabe (1/20) berichtet die OBM-Zeitung ausführlich über Sanierungsvorhaben an deutschen Rathäusern.

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