Die deutschen Städte begrüßen das sogenannte Baulandmobilisierungsgesetz, das der Bundestag heute verabschiedet hat. Das neue Gesetz unterstütze die Städte „zumindest in Teilen“ darin, neuen Wohnraum zu schaffen und so an vielen Orten dem Wachstumsdruck zu begegnen, kommentiert der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, in einem heute verbreiteten Statement. Es hat aus Sicht der Städte und der Nachhaltigkeit aber noch „Luft nach oben“.
Vorkaufsrecht zum Verkehrswert, sektoraler Bebauungsplan, Baugebot
Das Bundeskabinett hatte die Novelle des Baurechts im November auf den Weg gebracht. „Bei der Frage, wie wir mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen können, haben die Städte eine Schlüsselrolle“, sagt Dedy. Das Baulandmobilisierungsgesetz enthalte „einen wesentlichen neuen Baustein, um die Preisspirale auf dem Bodenmarkt zu dämpfen“: Zukünftig können Kommunen ihr Vorkaufsrecht zum gutachterlich ermittelten Verkehrswert ausüben. Sie müssen also nicht mehr zum Höchstgebot erwerben. Dies entspreche „einer langjährigen Forderung des Deutschen Städtetags“, so Dedy.
Zudem können die Städte nun auf Innenstadtbereiche, in denen kein Bebauungsplan gilt, mit einem neuen, sogenannten sektoralen Bebauungsplan einwirken. Damit können etwa soziale Kriterien für den Wohnungsbau wie ein bestimmter Anteil an geförderten Wohnungen festgelegt werden. Bislang ist dies nur außerhalb der unbeplanten Innenstadtbereiche möglich. Auch davon erhoffe man sich eine Preisdämpfung am Bodenmarkt, erklärt Dedy.
Genehmigung für Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
Darüber hinaus soll das neue Gesetz es den Kommunen erleichtern, das sogenannte Baugebot anzuwenden, also Grundstückseigentümer dazu zu verpflichten, ihre Gelände mit Wohneinheiten zu bebauen, sofern im Bebauungsplan entsprechende Nutzungen zugelassen sind.
Einen positiven Impuls im Sinne des bezahlbaren Wohnens sei darüber hinaus vom Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu erwarten. „Um die Struktur von Stadtvierteln zu erhalten und vor Verdrängung zu schützen, ist es sehr wichtig, dass diese Regelung nun kommt und die Städte gefragt werden müssen“, sagt Dedy.
Kritik: Vorbehalt der Bundesländer und „Fehlstellen“ im Gesetz
Kritisch zu betrachten sei allerdings, dass einige der neuen Regeln erst dann greifen, wenn das jeweilige Bundesland der betreffenden Stadt einen angespannten Wohnungsmarkt bescheinigt. Dedy hofft nun auf ein schnelles Inkrafttreten des Gesetzes und eine Zustimmung des Bundesrats dazu. Daraufhin müssten die Länder die entsprechenden Rechtsverordnungen erlassen, „damit die Kommunen zügig in die Lage kommen, die neuen Instrumente auch nutzen zu können“.
Auf „Fehlstellen“ im Gesetz weist derweil der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE), der mit zahlreichen OBM den „Dialog Nachhaltige Stadt“ führt, hin. Dies betreffe etwa Flächen in urbanen Randbereichen, die weiterhin ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und Ausgleichspflichten als Bauland ausgewiesen werden können. „Das in der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes formulierte Ziel, den Flächenverbrauch auf unter 30 Hektar pro Tag bis 2030 zu senken, wird somit immer schwerer zu erreichen“, bemängelt Jan Korte, Referent für Kommunale Nachhaltigkeit beim RNE.
Dies leiste einer anhaltenden Zersiedlung, dem Bauen auf der „grünen Wiese“ und dem sogenannten „Donuteffekt“ vor allem in kleinen Städten und ländlichen Gemeinden weiterhin Vorschub. Der Donuteffekt meint ein Wachstum von Neubaugebieten in Randbereichen bei gleichzeitigem Ausbluten von historischen Zentren und Stadtkernen.
Darüber hinaus erinnert Korte an weitere Aspekte der Nachhaltigkeit aus Sicht der Kommunen im Bereich des Bau- und Wohnrechts, die im neuen Gesetz ebenfalls keine Berücksichtigung fänden. Dazu zählt er etwa eine Stärkung des genossenschaftlichen Bauens, Regelungen zu kommunalen Bodenfonds oder den Zugriff auf verbilligte Grundstücke. Außerdem fehle ein „ganzheitlicher Ansatz, der Klima- und Biodiversitätsthemen mit Siedlungsentwicklung, bezahlbarem Wohnen, der Eindämmung von Bodenspekulation und dem demographischen Wandel zusammendenkt“.
Das Foto oben zeigt die Stadt Frankfurt am Main, die für eine besonders hohe urbane Verdichtung charakteristisch ist.