2017 beschloss Kassel eine „Charta für Baukultur“. Der erste Baukulturbericht bescheinigt ihr jetzt positive Effekte auf die Bauqualität.

Die Stadt Kassel verzeichnet einen positiven Effekt ihrer „Charta für Baukultur“ auf die Gestaltung von Bauprojekten und damit auf das Stadtbild. Mit der Charta richtet die Stadt bei Bauprojekten den Fokus auf deren baukulturelle Qualität. 2017 hatte die Stadtverordnetenversammlung die Charta, die unter Beteiligung engagierter Bürger erarbeitet wurde, beschlossen. Nun legt die Stadt ihren ersten diesbezüglichen Bericht vor. Der dokumentiert 25 verschiedene Bauprojekte der Jahre 2019 bis 2021, die im Geiste der Charta stehen – vom Sparkassenneubau über eine Platzgestaltung bis hin zu Projekten im Kontext der Städtebauförderung.

Qualifizierende Verfahren in Planungsprozessen

Die Charta ziele darauf ab, baukulturelle Qualität nachhaltig im Städtebau zu verankern, erklärt Stadtbaurat Christof Nolda. Sie sei vor allem eine Selbstverpflichtung der Stadt, sich im Zuge urbaner Transformationsprozesse der Thematik zu widmen. Dort, wo die Kommune Einfluss auf Bauprojekte habe, wende sie die Charta an und betone damit jenseits formaler, rechtlicher Baukriterien auch qualitative Aspekte.

Konkret könne dies durch qualifizierende Verfahren innerhalb von Planungsprozessen geschehen, beispielsweise Wettbewerbe, Gutachterrunden, Dialogveranstaltungen oder die Einbindung des städtischen Gestaltungsbeirats. Ebenso gehe es um transparente Kommunikation, öffentliche Diskussion und die Beteiligung der Stadtgesellschaft, etwa durch Veranstaltungen vor Ort. Letztlich betrachte man die Gebäude nicht isoliert, sondern in ihrem städtebaulichen Kontext, erklärt Nolda. Entsprechend spiele ihr Umfeld bei der Betrachtung eine maßgebliche Rolle. Nur so ließen sich einzelne Baumaßnahmen in stadtstrategische Entwicklungslinien einordnen.

Höhere Debattenqualität durch Charta für Baukultur

Christof Nolda (Quelle: Stadt Kassel/Harry Soremski)

Christof Nolda (Quelle: Stadt Kassel/Harry Soremski)

„Jedes Haus ist ein kommunikativer Gegenstand, über den gesprochen, um den gestritten wird. Wir verstehen Bauen als kulturellen Vorgang, für den Auseinandersetzung und Kommunikation vonnöten sind“, sagt Nolda. „Dabei zeigt die Erfahrung, dass viele private Bauherren oft erstaunt darüber sind, welche Vielfalt an Lösungen und qualifizierte Beurteilung sich im Dialogprozess erzielen lassen. Insofern ist Baukultur eine Chance und steht nicht im Widerspruch zum Investoreninteresse.“

Zwar ist die Charta für Baukultur erst seit fünf Jahren gültig. Doch bereits jetzt ließen sich positive Effekte feststellen. Dies betreffe erstens konkrete Projekte und die Stadtgestaltung. Zweitens sei eine veränderte Diskussions- und Gesprächskultur bezüglich markanter Bauvorhaben in der Stadt feststellbar. Die Debattenqualität habe sich spürbar erhöht. Als dritten Effekt verweist Nolda auf das bundesweite Renommee, das im Zusammenhang mit der Charta für Baukultur auch als Förderqualität zugenommen habe.

Umfassender Blick aufs urbane Geschehen

„Die ausgewählten Beispiele zeugen davon, dass wir mit der Charta den Wandel des städtischen Raumes nicht nur funktional, sondern auch optisch ansprechend gestalten können“, sagt Nolda hinsichtlich des ersten Baukulturberichts. Dabei gewinne die ganzheitliche Wahrnehmung der Stadt im Zeichen der Baukultur angesichts aktueller Transformationsaufgaben an Bedeutung. Gehe es darum, tiefgreifende Umbrüche wie die Energiewende, die Verkehrswende oder den Umbau zur Klimaneutralität zu gestalten oder die vielseitigen Anforderungen an eine prosperierende Stadt zu moderieren, sei ein umfassender, die unterschiedlichen Interessen integrierender Blick auf das urbane Geschehen notwendig.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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