Im Kampf gegen den Klimawandel ist die Energiewende einer der wesentlichen Hebel. Noch immer wird mehr als ein Drittel der Energie in Deutschland zum Heizen verbraucht. Ein neues Gutachten, das das Deutsche Institut für Urbanistik (DifU) im Auftrag des Umweltbundesamts erstellt hat, unterstreicht nun die entscheidende Rolle der Kommunen für das Ziel einer klimaneutralen Wärmeversorgung. Eine zusätzliche und aktuelle Relevanz erhält das Papier angesichts der Ukrainekrise sowie des dringenden Strebens der Bundesrepublik, sich von der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu lösen.
Kommunale Wärmeplanung wesentlich für Energiewende
Im „Kurzgutachten Kommunale Wärmeplanung“ fordern die Autoren Robert Riechel und Jan Walter eine strategisch angelegte und klimaneutral ausgerichtete Planung der Wärmeversorgung in den Städten. So könnten die Kommunen und ihre Beteiligungsgesellschaften wie Stadtwerke gemeinsam die infrastrukturelle Basis für die Wärmewende schaffen. „Eine kommunale Wärmeplanung gilt dabei als Leitinstrument für die Gestaltung der Wärmewende durch die Kommunen“, heißt es in einer DifU-Mitteilung.
Das Gutachten will auch einen Debattenbeitrag abgeben. Es möchte für das Thema sensibilisieren – sowohl Kommunen als auch den Bund und die Länder. „Die kommunale Wärmewende ist für die Energiewende und damit für die Erreichung der deutschen Klimaschutzziele von herausragender Bedeutung“, sagt Walter auf Nachfrage von #stadtvonmorgen. Dies zeigt sich besonders am Gebäudesektor. Zwar steige hier die Effizienz, doch wachse gleichzeitig die Fläche an Wohnraum pro Einwohner. „Effizienzgewinne im Gebäudebereich werden bisher weitgehend durch Wohlstandsgewinne kannibalisiert“, meint Walter.
Wärmenetze als Versorgungsinfrastruktur
Kommunen sind also aufgefordert, die Wärmeversorgung vor Ort strategisch zu planen. „Kommunale Wärmeplanung ist ein strategisch-planerisches Instrument, um einen gesellschaftlich und wirtschaftlich tragfähigen Transformationspfad zum treibhausgasneutralen Gebäudebestand zu entwickeln“, heißt es in dem Gutachten. Dabei gilt es, lokale Potentiale für die Wärmewende zu erschließen sowie Verbrauchsstellen und Energiequellen miteinander in Bezug zu setzen. Ein wiederkehrendes Thema des Gutachtens ist der Aufbau lokaler Wärmenetze, die weitestgehend autark funktionieren und auf regenerativen Energien basieren.
Für eine solche „netzbasierte Wärmeversorgung“ ist der umfassende Blick auf den Stadtraum notwendig. Es geht etwa darum, die Abwärme von Gewerbe- und Industriestandorten zu nutzen und sie im urbanen Wärmenetz mit Wärmebedarfen zu verknüpfen. Für den Ausbau einer derartigen Infrastruktur, die auch Elemente wie Solarthermie, Müllheizkraftwerke oder Speicherlösungen umfasst, sei der „Schulterschluss von Kommunen und Energieversorgern wesentlich“. Der Übergang von fossiler zu erneuerbarer Versorgung spiegele sich im Übergang von Gas- zu Wärmenetzen wider.
Regenerative Energien und Sanierung des Bestands
Was Wärmequellen betrifft, spricht sich das Gutachten für den klaren Fokus auf regenerative Energien aus. Technologien für eine weitestgehend klimaneutrale Wärmeversorgung seien bereits vorhanden. Dazu gehören etwa Wärmepumpen, Solar- und Geothermie oder Wärmegewinnung aus Biomasse.
Darüber hinaus beschreibt das Gutachten ein großes Potential darin, den Gebäudebestand energieeffizient zu ertüchtigen, um grundsätzlich den Wärmebedarf zu reduzieren. Die Transformationsgeschwindigkeit müsse angesichts des ambitionierten Ziels der Klimaneutralität, das auch für Deutschland und Europa gilt, dringend zunehmen, meint Walter. Dabei werde nicht zuletzt die „Adressierung des Bestands entscheidend sein dafür, ob wir unsere Ziele erreichen“.
Kommunale Wärmewende: Bund und Länder müssen helfen
Für die Wärmewende seien die Kommunen folglich „Schlüsselakteure“. Zum einen könnten sie in Bebauungsplänen und Satzungen entsprechende Vorgaben machen. Zum anderen seien ihre Tochtergesellschaften wie Stadtwerke und Wohnungsunternehmen in der Lage, die Energiesituation vor Ort konkret zu gestalten. Darüber hinaus könnten sie im Dialog mit der jeweiligen Stadtgesellschaft und der örtlichen Immobilienwirtschaft das Thema forcieren.
Doch auch von Bund und Länder sei Unterstützung erforderlich, heißt es im Gutachten. Das könne dadurch geschehen, dass die kommunale Wärmeplanung verpflichtend sei und den Kommunen dafür entsprechende Ressourcen zur Verfügung gestellt würden. Lokale Wärmestrategien müssten in Wechselwirkung mit den Planungen auf übergeordneten Ebenen – denen der Länder und des Bundes – gebracht werden. Zudem müsse der Bund kommunale Wärmestrategien etwa in Förderkulissen berücksichtigen oder Service- und Informationsstellen für Kommunen einrichten.
Eine Schätzung der Kosten, die ein derartiger Umbau der Wärmeversorgung in Deutschland bedeutet, liefert das Gutachten nicht.
Das Foto oben zeigt eine Geothermieanlage der Stadtwerke München. Die Stadt München möchte bis 2035 die erste deutsche Großstadt sein, die ihre Wärmeversorgung klimaneutral und unabhängig von Kohle und Gas ausrichtet.