Demnächst geht die Generation der Babyboomer in Ruhestand – für die Stadtentwicklung ergeben sich daraus Chancen und Herausforderungen.

Eine zielgruppengerechte Steuerung des Wohnraumportfolios von Städten gewinnt angesichts des knapper werdenden Wohnraums an Bedeutung. Dabei beeinflussen demografische Veränderungen die Nachfrage in lokalen Wohnungsmärkten. Eine solche Veränderung zeichnet sich hinsichtlich der sogenannten Babyboomer ab.

Alternde Gesellschaft: „enorme Veränderung“ in Kommunen

Mit den geburtenstarken Jahrgängen der 1950er und 1960er Jahre geht schätzungsweise ein Drittel der aktuell Erwerbstätigen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand. Dadurch verändern sich deren Anforderungen an Wohnraum. Dies hat auch Auswirkungen auf die Wohnraumpolitik und die Sozialplanung von Kommunen.

„Wenn die Babyboomer altern, bedeutet dies für die Kommunen eine enorme Veränderung“, sagt der Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Landkreistags, Alexis von Komorowski. Der kommunale Spitzenverband fokussierte die Frage nach der alternden Gesellschaft hinsichtlich der kommunalen Sozialplanung und Quartiersentwicklung zuletzt bei einer Fachtagung.

„Kommunale Sozialplanung muss die damit verbundenen Herausforderungen etwa im Pflegebereich meistern helfen. Vor allem aber muss sie mit dafür sorgen, dass die neuen Alten ihre Erfahrungen und Kompetenzen engagiert und lustvoll ins Gemeinwesen einbringen“, so von Komorowski.

„Es geht um gesellschaftlichen Zusammenhalt“

In diesem Zusammenhang sei „der Dialog zwischen den Generationen gerade in dieser Umbruchssituation mit Blick auf die Babyboomer immens wichtig“, so der baden-württembergische Sozialminister Manne Lucha bei der Fachtagung. Es gelte, sowohl die Interessen der Älteren als auch die der Jüngeren in die kommunalen Planungen einzubeziehen.

„Dabei sind zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen, mit der wichtigste davon ist, wie die Generationen miteinander in Zukunft gemeinsam wohnen wollen. Es geht um das gesellschaftliche Zusammenleben und um den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, so Lucha. Der Blick auf die unterschiedlichen Lebensmodelle der Generationen sei entscheidend für die Entwicklung lebendiger Quartiere.

Lücken im Wohnraumangebot für die ältere Generation

Genau damit beschäftigt sich Michael Ries. Er ist Vorstandsvorsitzender des Immobilienentwicklers pantera. „Wir befinden uns in einem dramatischen Prozess“, sagt Ries. In den nächsten zehn Jahren sei in Deutschland fast jeder Dritte älter als 60 Jahre. Diesem Trend entspreche das bestehende Wohnraumangebot jedoch nicht.

Denn mit dem Übergang in den Ruhestand veränderten sich bei vielen die Wohnpräferenzen, sagt Ries. Gefragt seien nun vor allem kurze Wege zum Einkaufen, zur Gesundheitsversorgung, zu Gastronomie, Freizeit- und Kultureinrichtungen. Anstatt auf große Wohnflächen mit pflegeintensiven Außenanlagen komme es nun für die Älteren auf einen kompakten, barrierearmen und zugleich komfortablen Wohnraum an.

Für diese Ansprüche hat pantera ein Wohnraumkonzept entwickelt. Sogenannte Serviced Apartments nehmen speziell die Bedürfnisse der älteren Zielgruppe auf. Die Serviceapartments bieten eine kompakte Raumlösung, integriert in ein Quartier mit hoher Versorgungsdichte. Zudem können Versorgungsdienstleistungen wie die Einkaufshilfe oder die Notfallüberwachung hinzu gebucht werden.

Wechselwirkung: Bedarfe der älteren und der jüngeren Generation

Dass Städte sich der Frage nach dem Wohnraum für die ältere Generation widmen, habe nicht nur eine sozialräumliche Dimension mit Blick auf die Senioren. Auch hinsichtlich des vielerorts knapper werdenden Angebots von leistbarem Wohnraum für Familien sieht Ries hier Effizienzpotentiale. Er spricht von einer Wechselwirkung: Biete man älteren Menschen durch passgenaue Projektentwicklungen attraktive, kompakte Wohnraumalternativen an, könnten in den bisher genutzten, größeren Immobilien insbesondere für Familien mit Kindern dringend benötigte Wohneinheiten entstehen.

Nach pantera-Berechnungen könnten auf diese Weise bundesweit in 81 Städten ab 100.000 Einwohnern mehr als zehn Millionen Quadratmeter neuer Wohnraum angeboten werden. Dafür müssten weder neue Wohngebiete ausgewiesen und noch zusätzliche Flächen belegt werden.

Das Foto oben zeigt eine Impression der Fachtagung „Reichenauer Tage“ mit der ehemaligen Bundesbildungsministerin Annette Schavan, dem Konstanzer Landrat Zeno Danner, dem Landkreistaghauptgeschäftsführer von Komorowski und der Sozialwissenschaftlerin Doris Rosenkranz (von links).

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