Der Deutsche Juristentag diskutiert über Vorgaben des Bundesgesetzgebers für die nachhaltige Stadtentwicklung.

Die Stadtentwicklung ist in erster Linie Aufgabe der kommunalen Ebene. Doch zur Herstellung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse und zur Durchsetzung gesamtstaatlicher Normen kann der Bund in die Gestaltung eingreifen. Auf dem Deutschen Juristentag in Bonn stand die nachhaltige Stadt der Zukunft auf dem Programm. Über das notwendige und gebotene Maß bundesstaatlicher Rahmensetzung waren sich die Juristen nicht einig.

Leitplanken für den Verkehr

Sabine Baumgart von der Universität Hannover sprach sich auf der Veranstaltung für die Erarbeitung eines Bundesmobilitätsgesetzes für eine „integrierte, verkehrsträgerübergreifende Planung“ des Stadtverkehrs aus. Die Professorin für Stadt- und Regionalplanung war Gutachterin zum Thema „Die nachhaltige Stadt der Zukunft – Welche Neuregelungen empfehlen sich zu Verkehr, Umweltschutz und Wohnen?“

Gutachter Martin Kment möchte die urbane Verkehrsplanung dagegen per Landesgesetz den Städten überlassen. Bundeseinheitliche, neu einzuführende Regelungen sollen die Verkehrskonzepte allerdings „dem Gebot verkehrsrechtlicher Erforderlichkeit unterwerfen,“ schreibt der Direktor des Instituts für Umweltrecht an der Universität Augsburg. Auch Klaus Joachim Grigoleit von der TU Dortmund stellt klar: „Die nachhaltige Stadt der Zukunft ist eine selbstverwaltete Stadt.“

In seinen Beschlüssen folgte der Deutsche Juristentag weitgehend dem Gutachten von Kment. Die Versammlung sprach sich dafür aus, das Selbstverwaltungsrecht der Städte sowie ihre personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung zu stärken. Ein Bundesmobilitätsgesetz wurde mehrheitlich abgelehnt, die „landesgesetzliche Einführung einer integrativen, urbanen Verkehrsplanung empfohlen. Der kommunalen Verkehrspolitik soll im Straßenverkehrsrecht und im Straßenrecht mehr Gestaltungsmöglichkeit gegeben werden.

Guidance für den Bau

Eine Bundesvorgabe für die Stadtentwicklung kommt bereits mit der Neufassung des Bundesbaugesetzes, die für Herbst 2023 vorgesehen ist. Aus dem Bauministerium kommentierte Ministerialdirigent Jörg Wagner die Novelle. Sie solle „ein klimafestes, resilientes und innovatives Leben in Stadt und Land ermöglichen.“ Bislang verstehe sich das Baugesetzbuch (BauGB) als ein „neutraler Instrumentenmix.“ Aber die Herausforderungen seien so enorm, „dass wir unsere Zurückhaltung auf- und mit dem BauGB `guidance´ geben.“ So werde die Maxime des Vorrangs der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung ebenso festgeschrieben wie das „Schwammstadtprinzip“.

In Hinblick auf die Mobilisierung von Flächen für den Wohnungsbau plädierte der Verwaltungsrechtler Olaf Reidt aus Berlin dafür, dass die Kommunen „möglicherweise sogar dazu verpflichtet werden, über eine aktive Baulandpolitik bezahlbaren Wohnraum in angemessenem Umfang sicherzustellen.“ Wagner will es dabei belassen, „die Instrumente des Besonderen Städtebaurechts fortzuentwickeln, um bezahlbaren Wohnraum in den Innenstädten zu bewahren oder zu entwickeln.“

Der Deutsche Juristentag beschloss, den Vorrang der Innenentwicklung differenzierter zu regeln. Dabei sollen kollidierende Belange (z.B. Biodiversität und Klimaanpassung) und Konzepte, wie das der vertikalen Stadt, berücksichtigt werden. Weitere Beschlüsse zur Schaffung von Wohnraum stellten insbesondere auf die Sozialpflichtigkeit des Bodeneigentums und die Stärkung des Vorkaufsrechts ab.

g.schilling@stadtvonmorgen.de

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