Klimaneutralität bedeutet große Investitionen. Marburg will Klimaschutz sozial gerecht gestalten: Es geht um Bezahlbarkeit von Wohnraum.

Die Transformation zur Klimaneutralität bedeutet nicht nur immense Investitionen, sondern birgt auch die Herausforderung, den Wandel sozial ausgewogen zu gestalten. Darauf lenkt die Stadt Marburg das Augenmerk: Um klimaneutral zu werden, ist für sie unter anderem die energetische Sanierung von Gebäuden ein wichtiger Baustein. Damit einhergeht die Frage nach der Bezahlbarkeit von Wohnraum. Um in den Wohnungen der städtischen Wohnungsgesellschaft die Sanierung so abzuwickeln, dass sie möglichst geringe Auswirkungen auf das Mietniveau hat, schießt die Stadt ihrer Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GeWoBau) nun zehn Millionen Euro zu.

Die soziale Dimension des Klimaschutzes

„Klimaschutz darf keine soziale Frage werden“, erklärt Marburgs Kämmerer und Oberbürgermeister Thomas Spies. Das Ziel der Klimaneutralität lasse sich nur gemeinsam mit Stadt, Stadtgesellschaft und Unternehmen erreichen. Für eine sozial verträgliche Gebäudesanierung gehen die Stadt und ihre kommunale Wohnungsbaugesellschaft nun als Vorbild voran.

Sukzessive saniert die GeWoBau ihren Mietwohnungsbestand. Die Mieter sollen dies in ihrem Geldbeutel aber möglichst wenig spüren. Die Sanierungskosten werden nämlich lediglich teilweise auf die Miete umgelegt – und dies nur in der Größenordnung, wie bei den Nebenkosten aufgrund der energetischen Sanierung Einsparungen zu erwarten sind. Das heißt, die Kaltmiete soll kalkulatorisch nur um den Betrag steigen, um den die Nebenkosten sinken. Damit soll die Warmmiete insgesamt auf gleichem Niveau bleiben. Die Wohnungen werden nach Angaben der Stadt also „warmmietenneutral saniert“.

Modell der „warmmietenneutralen Sanierung“

Gleichwohl kann in diesem Modell ein großer Teil der Sanierungskosten nicht auf die Mieter umgelegt werden. Für die GeWoBau tut sich also eine Finanzlücke auf. Um diese zu füllen, stockt die Stadt das Eigenkapital ihrer Wohnungsbaugesellschaft auf. „Wir stellen der GeWoBau weitere zehn Millionen Euro zur Verfügung, damit die Wohnungen ohne eine Steigerung der Warmmiete saniert werden können“, sagt Spies.

In diesem Zusammenhang spricht der Oberbürgermeister von „sozial gerechtem Klimaschutz“. Bisher wurde nach Angaben der Stadt die Miete für Wohnungen der GeWoBau nach einer Sanierung im Schnitt von 4,83 Euro pro Quadratmeter um 1,28 Euro – also um circa 25 Prozent – angehoben. Darauf kann die GeWoBau nun verzichten.

Um klimaneutral zu werden, setzt die Stadt aber nicht nur darauf, im Gebäudebestand den Verbrauch von Wärme und Strom zu senken. Wichtige Stellschrauben auf dem Weg zur Klimaneutralität sind für Marburg außerdem der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien, die Umstellung der Strom- und Wärmeversorgung sowie der Umbau der Stadtmobilität.

Das Foto oben zeigt eine Baumaßnahme der GeWoBau. In diesem Fall kommt im Geschosswohnungsbau als Baumaterial Holz zum Einsatz. Das speichert CO2. Demgegenüber setzen andere Baumaterialien bei ihrer Herstellung CO2 frei.

Info

Über die soziale Dimension des Klimaschutzes und der Klimaanpassung berichtet #stadtvonmorgen unter anderem am Beispiel kommunaler Förderprogramme für Steckersolargeräte – der Artikel ist hier zu finden. Und OBM Florian Janik aus Erlangen spricht über den Begriff der „inklusiven Nachhaltigkeit“ – hier im Interview mit #stadtvonmorgen. „Es geht darum, Fragen von Nachhaltigkeit so zu denken, dass sie alle Teile unserer Gesellschaft erreichen“, sagt Janik.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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