Die Stadt Frankfurt am Main aktualisiert ihren Hochhausrahmenplan. So systematisch wie kaum eine andere Stadt in Deutschland und Europa arbeitet sie an der Ausprägung ihrer Skyline. In der „Fortschreibung des Hochhausentwicklungsplans der Stadt Frankfurt am Main 2021“ spiegeln sich nicht nur urbane Trends wider, sondern auch Instrumente, mit denen Kommunen ihre städtebauliche Entwicklung steuern.
Paradigmenwechsel: Höher als der Dom bauen
Dabei war die Hochhauslandschaft in der Frankfurter Stadtgesellschaft anfangs überhaupt nicht unumstritten. In den 1970er Jahren gab es teils massive Proteste gegen die Wolkenkratzer und entsprechende Bauvorhaben. Heute allerdings gehört die markante Frankfurter Skyline nicht nur zum Stadtbild, sondern durchaus auch zur Stadtidentität.
Dass die Skyline sich überhaupt entwickeln konnte, fußt auf einem Paradigmenwechsel im Städtebau. Die Frankfurter Stadtplaner kehrten sich vom mittelalterlichen Verständnis von Stadt und Höhe ab: Der Dom war nicht mehr das Maß aller Dinge. Es durfte höher gebaut werden. Das erste Bauwerk, das den Dom überragte, war der um 1960 im Stadtteil Sachsenhausen errichtete Henninger Turm.
Als Hochhaus gilt, wenn das höchste dauerhaft genutzte Stockwerk des Gebäudes höher als 22 Meter liegt. Allerdings setzt in Frankfurt erst ein Gebäude mit einer Höhe von 60 Metern einen in der Skyline wahrnehmbaren Akzent. Und ab einer Höhe von 100 Metern leistet ein Gebäude einen sichtbaren Beitrag zur Skyline, was seine Fernwirksamkeit betrifft.
Verdichtungsdruck sorgt für Wachstum in die Höhe
Heute zeichnet sich die Mainmetropole durch ein vielgestaltiges Hochhausensemble aus. Die konzeptionelle Überlegung, in die Höhe zu bauen, folgt in Frankfurt durchaus einem gewissen Zwang. Die Stadt verzeichnet nämlich eine hohe Dynamik und rasantes urbanes Wachstum. Ihre Fläche dafür ist allerdings von jeher begrenzt. Das hängt unter anderem mit den nach dem Zweiten Weltkrieg definierten Stadtgrenzen zusammen. Der Verdichtungsdruck drängt also zu einer höchstmöglichen Flächeneffizienz – dem Bau in die Höhe.
Die hohe Konzentration im Zentrum wird außerdem dadurch begünstigt, dass große Areale und Flächenpotentiale im Stadtgebiet belegt sind und für eine freie Bebauung nicht zur Verfügung stehen. Dies betrifft etwa den Bereich des internationalen Flughafens oder den Stadtwald. Anfang der 1990er Jahre hat die Stadt den „Grüngürtel“ festgeschrieben, der von Bebauung ausgenommen bleibt. Ein weiterer Faktor, der das Wachstum in die Höhe fördert, ist das Profil Frankfurts als Banken- und Medienstandort: Die für diese Branchen typischen Büroarbeitsplätze lassen sich eher in die Höhe „stapeln“ als große Fabrikhallen und Produktionsstrecken.

Prägt die Frankfurter Skyline: der Pulk um den Commerzbank Tower. (Quelle: visitfrankfurt/Holger Ullmann)
Hochhausentwicklungsplan: Pulks formen die Skyline
Um das Stadtbild auch hinsichtlich seiner Skyline zu beeinflussen, hat die Stadt zur Jahrtausendwende erstmals einen sogenannten Hochhausentwicklungsplan erarbeitet. Der formuliert die strategischen Entwicklungslinien für die Skyline. Sein grundlegender Ansatz gilt noch heute für seine Fortschreibung: Eine Skyline entsteht erst durch Gebäudeensembles oder Pulks. Nur, wenn die Hochhäuser nahe genug beieinander stehen, entfalten sie im Ensemble eine Fernwirkung.
Will die Stadt also gestaltend eingreifen, um ihre Skyline zu formen, muss sie sich dem Zusammenwirken der Bauten widmen. Um die Pulks oder Hochhauscluster zu gestalten, setzen die Stadtplaner bewusst unterschiedliche Höhenbegrenzungen. Wachsen die Hochhausensembles in diesen Grenzen, zeichnet sich in der Skyline der jeweilige Pulk mit einem „höheren Kern“ ab. Die Häuser des Ensembles an den Rändern des Pulks hingegen verlieren an Höhe. Auf diese Weise erhält die Skyline ihre charakteristische Form, die an auf- und abschwingende Linien erinnert.
Markant für Frankfurt sind insbesondere drei Cluster: Das Bankenviertel mit dem Commerzbank Tower als höchstem im Zentrum, das Messecluster rund um den Messeturm, das in Verbindung mit dem neuen Europaviertel die stärkste Entwicklungsdynamik verzeichnet, sowie Lagen in der Innenstadt. Darüber hinaus befinden sich zur Fortschreibung der Skyline weitere Standortpotentiale in der Prüfung. Die Nachverdichtung bezieht sich insbesondere auf mit dem ÖPNV besonders gut erschlossene Standorte, um deren urbane Anbindung zu gewährleisten.
Mit ihren Wolkenkratzern wächst die Stadtgesellschaft in die Höhe
Mit ihren Wolkenkratzern wächst die Stadtgesellschaft in die Höhe. Der neue Hochhausentwicklungsplan zielt unter anderem darauf ab, die Wolkenkratzer noch stärker erlebbar zu machen. Sie sollen mehr sein als Bürotempel und den modernen Anforderungen an eine urbane Infrastruktur stärker Rechnung tragen. Dabei geht es darum, die Nutzungsdurchmischung in der Frankfurter Hochhauslandschaft zu erhöhen. Dies korrespondiert mit konkreten städtebaulichen Bedarfen.
So entstehen vermehrt Hybridtower, die verschiedene Nutzungen in sich vereinen. Unter anderem will die Stadt angesichts des Wohnraummangels die Wohnnutzung forcieren – dies spiegelt sich im Hochhausbau etwa an Quoten für geförderten Wohnraum wider. Über zusätzlichen Wohnraum hinaus betrifft dies aber ebenso kulturelle Einrichtungen oder die soziale Infrastruktur wie Schulen oder Kitas. Dazu gehören nicht zuletzt öffentlich zugängliche Zonen wie Aussichtsplattformen, Dachgärten oder Grünflächen genauso wie Fitnessstudios, Klubs oder Lokale.
Bebauungspläne und städtebauliche Verträge als Instrumente
Im Spannungsfeld zwischen öffentlichem Interesse und privatwirtschaftlichem Engagement nutzt die Stadt ihre Bebauungspläne sowie städtebauliche Verträge als Steuerungsinstrumente. Darin setzt die Stadt die Rahmenbedingungen, was etwa die Höhe der Bauvorhaben oder Nutzungen betrifft. So beeinflusst sie die Ausprägung ihrer Skyline sowie die städtebauliche Wirkung und die Funktionen der Hochhäuser.
Unter anderem macht sie auch Vorgaben zur Gestaltung des urbanen Umfelds der Wolkenkratzer. Ebenso werden Aspekte der Nachhaltigkeit, der Verschattung oder klimatische Effekte des Baukörpers auf seine Umgebung wie Fallwinde berücksichtigt. Zudem fordert die Stadt von den Bauherren konkurrierende Verfahren wie Architektenwettbewerbe, um eine architektonische Vielfalt und Qualität zu gewährleisten.
Um Spekulationen vorzubeugen, definiert der Hochhausentwicklungsplan nur die Standorte, an denen der Bau von Hochhäusern städtebaulich möglich ist. Bebauungspläne und das Planungsrecht entwickelt die Stadt erst dann, wenn ein konkretes Bauinteresse greifbar ist.