Das gemeindliche Vorkaufsrecht für Grundstücke in Erhaltungssatzungsgebieten steht auf der Kippe. Berlin, Hamburg und München kämpfen dafür.

Die Bürgermeister von Berlin, Hamburg und München haben eine gemeinsame Initiative hinsichtlich des Vorkaufsrechts von Kommunen für Grundstücke in Erhaltungssatzungsgebieten gestartet. Dies teilten Franziska Giffey, Peter Tschentscher und Dieter Reiter gestern in einer gemeinsamen Presseinformation mit. Hinsichtlich der Gesetzeslage sehen sie „dringenden Handlungsbedarf“ und sprechen sich gegenüber Bund und Ländern für eine Stärkung des gemeindlichen Vorkaufsrechts aus. Es bedürfe einer „bundesweiten Lösung“.

Gerichtsurteil höhlt gemeindliches Vorkaufsrecht aus

Hintergrund der Initiative ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom November. Im Rechtsstreit zwischen einer Immobiliengesellschaft und einem Berliner Bezirk hatte das Gericht dem gemeindlichen Vorkaufsrecht eine Absage erteilt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei ausgeschlossen, wenn das Grundstück zum Zeitpunkt des Grundstücksverkaufs im Sinne der lokalen Erhaltungssatzung genutzt wird. Dabei komme es auf Entwicklungsprognosen für die Zukunft oder Absichten des Käufers, auf die sich Kommunen oftmals stützen, um das Vorkaufsrecht auszuüben, nicht an.

Das Urteil hat zur Folge, dass in den meisten Fällen von Quartieren mit sogenannten Milieuschutzsatzungen das gemeindliche Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden kann. Die Kommunen verlieren ein Druckmittel, um mit Grundstückskäufern Vereinbarungen über die zukünftige Nutzung zum Schutz angestammter Mieter zu schließen. Das Land Berlin hatte auf die Gerichtsentscheidung mit einer Bundesratsinitiative reagiert. Auf #stadtvonmorgen-Nachfrage kündigte Bundesbauministerin Klara Geywitz in der Sache zuletzt einen fachlichen Austausch mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden an.

Vorkaufsrecht: Instrument gegen Spekulationen und Gentrifizierung

„Überall dort, wo die Wohnungsmärkte angespannt sind, brauchen wir wirksame und rechtssichere Instrumente zum Schutz von Mietern“, sagt Berlins Regierende Bürgermeisterin Giffey. Bund und Länder müssten „die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um die Kommunen in bestimmten Fällen in die Lage zu versetzen, das Vorkaufsrecht ausüben und Abwendungsvereinbarungen treffen zu können“.

Das Vorkaufsrecht sei ein wichtiges Instrument, um Mieter vor Spekulation und Verdrängung zu schützen, erklärt Hamburgs Erster Bürgermeister Tschentscher. „Die gesetzlichen Vorkaufsrechte müssen neu geregelt werden, damit Städte dieses wichtige Instrument weiter nutzen können, wenn es erforderlich ist.“

Das neue Gerichtsurteil sorge unter Mietern für „große Unsicherheit, ob ihre Wohnung auch morgen noch bezahlbar bleibt“, sagt Münchens Oberbürgermeister Reiter. „Mit dem Vorkaufsrecht konnten wir in den vergangenen Jahren oftmals sicherstellen, dass Wohnungen bezahlbar geblieben sind und eben nicht in Luxuswohnungen umgewandelt wurden.“ Bereits im Dezember hatte Reiter in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerin Geywitz die Problematik aufgezeigt.

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