Der Bedarf an Wohnraum in den Städten ist unvermindert hoch. Doch der Zinsanstieg und die sinkende Kaufkraft belasten die Bautätigkeit.

„Es gibt ausreichend Bauland in Deutschland, (…) um 400.000 Wohnungen jährlich zu bauen,“ sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz Ende März 2022. Das Ziel der Bundesregierung liegt deutlich über dem bisherigen Niveau von rund 300.000 neu gebauten Wohnungen in den Jahren 2020 und 2021. Eine derartige Steigerung des Wohnungsbaus dürfte jedoch schwierig werden. Bereits im Mai berichtete das Statistische Bundesamt, dass ein Mangel an Material und Arbeitskräften sowie hohe Preise die Fertigstellung genehmigter Wohnungen behinderten.

Kreditvergabe wird teurer und restriktiver

Nun werden auch die Wohnungsbaukredite teurer. Für eine Laufzeit von mehr als 10 Jahren mussten im Mai 2,42 Prozent p.a. gezahlt werden. Damit haben sich die langfristigen Kredite von Januar bis Mai um mehr als einen Prozentpunkt verteuert. Auch die Kreditrichtlinien der Banken wurden angesichts steigender Kreditrisiken verschärft, berichtet die Deutsche Bundesbank.

Professionelle Immobilieninvestoren sehen die Zinsentwicklung mit Sorge. In einer aktuellen Befragung der Catella Real Estate AG nannten über 80 Prozent der Befragten die Zinsentwicklung als Gefahr für ihre Investitionen. Steigende Baukosten werden fast ebenso häufig angegeben. Dahinter folgen die Konjunkturaussichten und eine anhaltend hohe Inflation.

Stagflation und hohe Preise belasten

Die deutsche Wirtschaft stagniert. Die Wirtschaftsleistung blieb im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal unverändert, berichtet das Statistische Bundesamt. Gegenüber dem Vorjahr betrug der Anstieg noch 1,4 Prozent. Dagegen legten die Verbraucherpreise im Juli um 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Insbesondere Energie und Nahrungsmittel wurden teurer. Die Wohnungsmieten stiegen dagegen nur um 1,8 Prozent.

Damit nimmt das für Wohnzwecke zur Verfügung stehende Einkommen der Privathaushalte ab und die Kalkulation verschiebt sich von den Kosten für Wohnraum auf die Nebenkosten für Strom und Wärme. Für die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten verheißt das nichts Gutes. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) berichtet bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen von einem „abgebremsten Neugeschäft im Juni“, das unter dem Ergebnis des Vorjahres lag. Auch im zweiten Halbjahr dürfte das gute Vorjahresergebnis unterschritten werden, heißt es aus dem Verband.

g.schilling@stadtvonmorgen.de

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