Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes (OZG), das sogenannte OZG 2.0, am Freitag abgelehnt. „Für die Digitalisierung in Deutschland ist die Ablehnung des Gesetzes ein ganz verheerendes Signal“, sagt Alexander Handschuh, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), dazu. Handschuh ist auch Mitglied im IT-Planungsrat. Das OZG 2.0 sei „dringend notwendig“ gewesen. Handschuh appelliert daher an den Bund, den Vermittlungsausschuss anzurufen. (Der #stadtvonmorgen-Newsletter am 27. März richtet ein Augenmerk auf das Scheitern des Gesetzes; Anmeldungen hier.)
OZG 2.0 hätte Digitalisierung voranbringen sollen
Mit dem ursprünglichen Onlinezugangsgesetz sollten 575 Bündel an Verwaltungsleistungen bis 2023 digitalisiert werden. Das ist in Gänze nicht gelungen. Mit dem OZG 2.0 habe man also „Lehren aus dem partiellen Scheitern des OZG ziehen und nachsteuern“ wollen, erklärt Handschuh. Für die digitale Transformation der Verwaltung sei es wichtig, konsequent weiter an der Zielerreichung zu arbeiten. „Das OZG 2.0 wäre ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung gewesen“, so Handschuh. „Gegen die mit ihm verbundenen Errungenschaften kann niemand sein, der die Digitalisierung voranbringen will.“ Das Scheitern des Gesetzes stelle diese aber in Frage.
Zu den Verbesserungen, auf die das OZG 2.0 abzielt, zählen laut Handschuh drei wichtige Aspekte. Erstens: die Vereinheitlichung von Standards und Schnittstellen. Diese kann bei der systemübergreifenden Arbeit von Verwaltungen an vielen Stellen für Effizienzgewinne sorgen und die Integration neuer digitaler Lösungen vereinfachen. Zweitens hätte das Gesetz darauf hingewirkt, Schriftformerfordernisse weiter zu reduzieren und dadurch ebenfalls Prozesse zu verschlanken. Drittens wäre mit ihm der Schritt hin zu einheitlichen Benutzerkonten für Onlineanträge oder die digitale Bereitstellung von Bescheiden und Nachrichten, der sogenannten BundID, verbunden gewesen.
Digitalisierung: „Alle Ebenen müssen Farbe bekennen“
Die Kritik, denen sich das OZG 2.0 ausgesetzt sah, bezieht sich eher auf seinen organisatorischen und strukturellen Rahmen. Handschuh spricht von aus Sicht der Kommunen „durchaus berechtigten Kritikpunkten“, die aber einem Scheitern der sinnvollen Regelungen nicht im Wege stehen sollten und über die eine Verständigung notwendig sei. Zum einen geht es darum, dass laut OZG 2.0 der Bund in Eigenregie digitale Standards hätte festlegen können – hier forderten auch die Kommunen über den IT-Planungsrat einen Einbezug.
Zum anderen sorgt der im Gesetzentwurf vorgesehene Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen des Bundes für Fragezeichen: Wie soll er konkret ausgestaltet und einklagbar sein? Und aus Sicht der Kommunen: Welche Auswirkung hat er auf sie als Erbringer von an sie delegierten Aufgaben und Leistungen wie der Kfz-Anmeldung oder dem Meldewesen? Überdies sind die Rollenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen – und damit letztendlich auch die Finanzbeziehungen – im Zusammenhang mit dem OZG 2.0 fraglich. Der Bund sei in der Pflicht, hier Lösungsvorschläge zu machen. Aber letztendlich müssten „alle Ebenen Farbe bekennen, wie viel ihnen auch haushalterisch der digitale Fortschritt wert ist“, meint Handschuh.
Wirtschaft bedauert Scheitern des OZG 2.0
Die Wirtschaft äußert ebenfalls Unverständnis für das Scheitern des Gesetzes. Es sei „eine schlechte Nachricht für alle, die sich eine digitalere Verwaltung in Deutschland wünschen“, sagt Susanne Dehmel, Mitglied der Geschäftsleitung des Branchenverbands Bitkom. „Mit dem OZG-Änderungsgesetz wäre trotz einiger Schwachpunkte eine wichtige Weichenstellung für eine echte digitale Verwaltung vorgenommen worden.“
Info
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.

