Oberbürgermeister zum neuen Jahr: Was sie vom Bund erwarten

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Der Kampf gegen den Wohnraummangel, die tiefgreifende Transformation des Energiesystems, die Verkehrswende und die Bewältigung von Migration und Integration: Dies sind vier der wesentlichen Herausforderungen, denen Kommunen entgegensehen. Um diese meistern zu können, fordern deutsche Oberbürgermeister in einer Phase, in der sich die Bundespolitik neu sortiert, vom Bund vor allem: stabile Kommunalfinanzen und größere Freiheit, vor Ort pragmatische Entscheidungen treffen zu können, damit die großen Transformationsaufgaben lösbar sind.

Dieses Stimmungsbild ergibt eine Umfrage von #stadtvonmorgen unter 14 deutschen Stadtlenkern zum Jahreswechsel. Ab morgen erscheinen die Interviews mit den 14 Oberbürgermeistern in einer Serie unter dem Titel „Über die Jahresschwelle“ auf dieser Plattform. Außerdem sind die einzelnen Beiträge am 2. und 8. Januar im #stadtvonmorgen-Newsletter nachzulesen; Anmeldungen hier.

Klare Erwartungen an den Bund

Hinsichtlich der Erwartungen an die sich derzeit im Umbruch befindende Bundespolitik decken sich die Einschätzungen der Stadtlenker. „Die Orientierung an den Lebensrealitäten vor Ort“ müsse im Fokus der Politik stehen, fasst es Octavian Ursu, der Oberbürgermeister von Görlitz zusammen. „Wir brauchen Planungssicherheit und damit klare Vorgaben. Nur so können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern und beispielsweise unseren Teil zur Energiewende beitragen“, sagt Dieter Krone aus Lingen.

Vor allem nicht auskömmliche Kommunalfinanzen und der sich abzeichnende Arbeitskräftemangel sind es, die kommunale Handlungsspielräume einengen. Außerdem dürfe die Bundespolitik nicht weiter Beschlüsse fassen, die auf Kosten der Kommunen gehen, an deren Entscheidungsfindung die kommunale Ebene aber höchstens unzureichend beteiligt sei, unterstreicht Eckart Würzner aus Heidelberg: „So geht es nicht weiter.“ Schließlich zeige sich staatliche Funktionsfähigkeit vor Ort, sagt Uwe Schneidewind aus Wuppertal. Es brauche „eine umfassende Staatsreform, die den Regulierungsdschungel abbaut, auf Wirkungsorientierung setzt und den Kommunen vor Ort mehr Experimentier- und Gestaltungsräume gibt“. Der Oberbürgermeister von Leverkusen, Uwe Richrath, weist auf das politische Gezerre in Berlin und den Bruch der Ampelkoalition hin: „Zuerst erwarte ich eine als Einheit agierende Bundesregierung. Die Ampel hat trotz eines großen progressiven Versprechens durch Streitigkeiten viele Vorhaben gebremst.“

Interviewreihe startet mit Cuxhaven

Die Interviewreihe startet morgen mit Uwe Santjer, dem Oberbürgermeister von Cuxhaven. Im Interview beschreibt er die Herausforderungen seiner Stadt, die sich zum Zentrum der deutschen Offshoreindustrie wandelt. Hier verbucht Cuxhaven den Erfolg, das der Ausbau des Hafens in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Land, Region und Wirtschaft gesichert ist. Dieses parteiübergreifende Zusammenwirken beschreibt Santjer als „Modell für Deutschland“.

Davon erwartet sich die Stadt industrielles Wachstum im Bereich der Produktion großformatiger Windkraftanlagen. Sie versteht sich damit auch als entscheidender Ort für das Gelingen der Energiewende in Deutschland. Mit dem Wachstum gehen aber auch Herausforderungen einher: Das ehemals schrumpfende Cuxhaven muss nun die Trendwende vollziehen. Es gilt, die Infrastruktur auszubauen, neue Unternehmen und Menschen für die Stadt zu gewinnen, um das Profil als Zentrum der Offshoreindustrie schärfen zu können.

14 Oberbürgermeister im #stadtvonmorgen-Interview

Im Anschluss an das morgen erscheinende Interview mit Santjer melden sich die Oberbürgermeister Katrin Albsteiger aus Neu-Ulm, Tobias Schick aus Cottbus, Octavian Ursu aus Görlitz, Dieter Krone aus Lingen, Uwe Richrath aus Leverkusen, Thomas Kiechle aus Kempten, Uli Burchardt aus Konstanz, Rico Badenschier aus Schwerin, Uwe Schneidewind aus Wuppertal, Florian Janik aus Erlangen, Karin Welge aus Gelsenkirchen, Eckart Würzner aus Heidelberg und Fabian Geyer aus Flensburg zu Wort.

In den Ausgaben des #stadtvonmorgen-Newsletters am 2. und 8. Januar gibt es die insgesamt 14 Interviews zum Jahreswechsel gebündelt zum Nachlesen. Der Newsletter kann kostenlos hier abonniert werden.

Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.