Das vor etwas mehr als einem Jahr in Chemnitz gegründete Wasserstoffbündnis kommt nach eigenen Angaben voran. Im Bündnis sind regionale Akteure vernetzt, „um die Potenziale von Wasserstoff als Schlüsseltechnologie für unsere Wirtschaftsregion aufzuzeigen“, sagt Oberbürgermeister Sven Schulze. Vor Ort sei ein diesbezüglicher Dialogprozess in Gang geraten. Bei einer Pressekonferenz bilanzierte das Netzwerk am Dienstag seine bisherige Arbeit. Im Fokus steht vor allem der Aufbau eines national relevanten Wasserstoffcampus.
Anbindung ans Wasserstoffkernnetz entscheidend
„Die Region Chemnitz braucht eine Anbindung an das Wasserstoffkernnetz“, unterstreicht der örtliche Industrie- und Handelskammerpräsident Max Jankowsky. Nach einer Analyse von 37 industriellen Großverbrauchern der Region existieren bei jedem dritten Unternehmen Pläne zum Einsatz von Wasserstoff. „Schon bei den untersuchten Unternehmen konnten konkrete Bedarfe in Höhe von rund 125 Gigawattstunden jährlich ab 2035 festgestellt werden“, erklärt Jankowsky. Hochgerechnet ergebe dies einen Bedarf von bis zu 1.250 Gigawattstunden pro Jahr ab 2035. Der Zugang zu Wasserstoff sei eine Frage der Zukunftsfähigkeit für ansässige Unternehmen.
Nicht nur die örtliche Wirtschaft drängt auf den Anschluss an die Wasserstoffinfrastruktur. Auch, was Innovation und Forschung angeht, schreitet die Region diesbezüglich voran. Derzeit entsteht in Chemnitz, gefördert durch Bund und Land, das sogenannte Hydrogen Innovation Center (HIC), ein Wasserstoffzentrum im Chemnitzer Technopark. Das HIC baut als gemeinnützige Tochtergesellschaft des Wasserstofftechnologieclusters HZwo eines von vier Standorten des nationalen Innovations- und Technologiezentrums für Wasserstoff (ITZ) in Chemnitz auf.
Vom Wasserstoffbündnis zum nationalen Treiber
Damit soll in Chemnitz nach HZwo-Angaben eine europaweit einzigartige Entwicklungs- und Testumgebung für die Wasserstofftechnologien entstehen – mit Test- und Prüfständen, Laboren, Ausbildungsstätten und Startup-Zentrum. Für die Region Chemnitz bedeutet dies nicht nur eine Sicherung ihrer industriellen Prosperität, sondern auch einen Gewinn an Standortqualität für potenzielle Ansiedlungen.
Neben der Unterstützung der regionalen Wirtschaft und der Transformation des Energiesystems soll die Forschungs- und Transferarbeit in Sachen Wasserstoff auch eine nationale Innovations- und Vorreiterrolle annehmen. Dafür wird das HIC von Bund und Freistaat Sachsen mit 84,4 Millionen Euro gefördert; das Land kofinanziert mit 14 Millionen Euro. „Wir wollen einen echten Beitrag zum Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wasserstoffwirtschaft leisten, von der insbesondere Unternehmen aus Deutschland profitieren können“, sagt HZwo-Geschäftsführer Karl Lötsch.
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.