Von einem „wichtigen Meilenstein für unsere Stadt als Bildungsstandort“ sprach Bürgermeister Sebastian Wagemeyer, als im Mai das „TUMO Center for creative technologies“ in der Innenstadt von Lüdenscheid eröffnete. Nicht nur die Jugendlichen aus der Stadt, sondern die aus der gesamten Region fänden hier eine neue Anlaufstelle und könnten von dem Bildungsangebot profitieren, so Wagemeyer. Als eine der ersten Kommunen in Deutschland setzt Lüdenscheid pionierhaft das aus Armenien stammende Bildungskonzept TUMO um. Es lädt Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren dazu ein, sich kreativ an digitalen Technologien auszuprobieren. Die Nutzung des Angebots ist kostenlos. Der Name TUMO leitet sich vom armenischen Dichter Hovhannes Tumanyan ab.
KfW startet TUMO-Idee in Berlin
Ein Treiber von TUMO in Deutschland ist die KfW Bankengruppe. Die Bank habe die Bildungsförderung in ihrer Satzung. In diesem Kontext widme sie sich gezielt der digitalen Bildung, erklärt Michael Strauß, bei der KfW Head of TUMO Initiative. Auf diesem Feld habe man vor allem im außerschulischen Bereich eine Lücke identifiziert, die man nun mit dem Angebot schließen und gesellschaftliches Engagement dafür anregen wolle. Konkret hat die KfW als TUMO-Franchisenehmer vor fünf Jahren das erste TUMO-Center in Deutschland, nämlich in Berlin, vorangebracht. Rund 1.000 Kinder kommen wöchentlich ins Berliner TUMO-Center, sagt Strauß. Der Erfolg hat die Idee wachsen lassen, weiteren Projekten Pate zu stehen.
Das Ziel ist also, das Bildungskonzept in die Fläche zu bringen. Idealerweise entstehen laut Strauß bis 2030 bis zu 30 solcher Einrichtungen in Deutschland. Im Augenblick sind sieben bereits eröffnet oder kurz davor, nämlich in Berlin und Lüdenscheid sowie in Mannheim, Essen, Hirscheid, Saarbrücken und Frankfurt am Main. Dabei braucht es den Aufbau lokaler Strukturen – und die sind teils unterschiedlich ausgeprägt. In manchen Städten setzt die Volkshochschule das Konzept um, in anderen gibt es gemeinnützige Organisationen oder örtliche Initiativen, die sich der digitalen Bildung verschreiben, in wieder anderen sind private Förderer oder Stiftungen auf dem Plan. Die KfW versteht sich übergreifend als „Initiator, Berater und Unterstützer bis zur Eröffnung“, so Strauß. „Wir sehen uns als Inkubator.“ Wichtig für eine erfolgreiche Implementierung sei die lokale Verwurzelung, bestenfalls in Kooperation mit der Kommune und örtlichen Bildungsträgern.
Digitale Bildung aus kommunaler Perspektive
Aus kommunaler Perspektive ergäben sich vielfältige Anknüpfungspunkte an das TUMO-Konzept, erklärt Ellen Dutschmann, die im „Team digitale Bildung“ der KfW das TUMO-Lernkonzept betreut. Zum einen bereichere es die lokale Bildungslandschaft und trage zugunsten des Wirtschaftsstandorts zur Nachwuchsausbildung im naturwissenschaftlich-technischen Bereich bei. Zum anderen lasse sich ein TUMO-Center als Teil der kommunalen Jugendarbeit begreifen. Und: „Für manche Städte ist das Thema Innenstadtbelebung durch Bildungsangebote ein nicht zu vernachlässigendes Argument“, sagt Dutschmann. Denn nicht nur Jugendliche frequentieren ein TUMO-Center – darüber hinaus ließe es sich für andere Ziel- und Altersgruppen öffnen, und das TUMO-Konzept lasse sich mit anderen Bildungsangeboten verknüpfen.
Im TUMO-Center lernen die Jugendlichen, digitale Tools kreativ zu nutzen. Unter anderem stehen ihnen dabei Instrumente und Programme zur 3D-Modellierung, Animation, Fotografie, Programmierung, Spieleentwicklung oder zum Grafikdesign zur Verfügung. Ein wichtiger Faktor ist Chancengleichheit und Zugänglichkeit: Daher ist das Bildungsangebot kostenlos. Und umso relevanter für die Nachhaltigkeit eines TUMO-Centers ist die Frage seiner langfristigen Finanzierung. In Lüdenscheid ist die Kommune aktiv: Die Stadt hat eine eigene Tochtergesellschaft gegründet, die das TUMO-Center betreut. Dafür konnten Bundesmittel eingeworben werden. Laut städtischem Beteiligungsbericht 2023 wird das Lüdenscheider TUMO-Center, das Räumlichkeiten im Umfeld eines Shoppingcenters angemietet hat, als Modellprojekt für die Implementierung einer naturwissenschaftlich und technisch bezogenen Bildungseinrichtung im ländlichen Raum gefördert. Dafür erhält die gemeinnützige GmbH der Stadt von 2023 bis 2027 knapp 6,5 Millionen Euro.
Info
Weitere Infos zum TUMO-Konzept gibt es unter www.tumo.de.
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.

