Im Zusammenhang mit ihrem Engagement als „Zero-Waste-City“ und ihrem Streben, zirkuläre Wirtschaftsmodelle vor Ort zu fördern, widmet sich die Stadt München gezielt dem Bausektor. Modellhaft richtet sie einen Marktplatz für gebrauchte Bauteile ein und untersucht den Betrieb eines solchen Angebots für zirkuläres Bauen. Im EU-Projekt „CirConFin“ (Circular Construction Finance) erhält die Stadt dabei für die Jahre 2025 bis 2028 eine Förderung. Insgesamt geht es um sechs Millionen Euro. Der Projektstart fand in der vergangenen Woche in München statt. An „CirConFin“ beteiligen sich außerdem die Städte Lissabon und Kopenhagen sowie Schottland. Darüber hinaus sind verschiedene Partnerorganisationen, darunter das Nachhaltigkeitsnetzwerk ICLEI, in das Vorhaben involviert. München hat die koordinierende Rolle.
Pilotprojekt für zirkuläres Bauen und Urban Mining
Die Stadt zielt mit ihrem Projekt darauf ab, Impulse für die Kreislaufwirtschaft im Bereich des Bauens zu setzen. „Eine Bauteilebörse wird es uns ermöglichen, kreislauffähig zu bauen und Bestandteile aus Abriss- und Umbauprojekten im Sinne eines Urban Mining wiederzuverwenden“, erklärt Umweltreferentin Christine Kugler. Bereits in der Vergangenheit hat die Stadt bei der Entwicklung eines neuen Quartiers auf dem Areal der sogenannten Bayernkaserne zirkuläres Bauen pionierhaft erprobt. Dabei war sie bestrebt, wiederverwendbare Bauteile aus Abriss und Schutt zu filtern und für die neuen Bauten zu nutzen.
Für den lokalen Bauteilemarktplatz will sie nun unter anderem die technischen Voraussetzungen prüfen, die Wirtschaftlichkeit ausreifen und rechtliche Rahmenbedingungen ausloten. Der Aufbau der Bauteilebörse basiere auf drei Säulen, erklärt die Münchener Kommunalreferentin Jacqueline Charlier. Erstens: Abbruchmaterial an einen Standort bringen, wo es vor dem Neueinsatz aufbereitet und gelagert wird. Zweitens: Flächen zur Zwischenlagerung identifizieren, um Transportwege zu reduzieren. Drittens: Lösungen entwickeln, mit denen bereits vor dem Abbruch potenzielle Bauteile digital erfasst werden und die so die Verfügbarkeit wiederverwendbarer Bauteile online einsehbar machen.
Ressourcenschonung und Klimaschutz
„Der Grundstein zur Müllvermeidung und Wiederverwertung liegt im Bausektor, dem ressourcenintensivsten Wirtschaftssektor“, meint Charlier. Laut Stadt sind in Deutschland bis zu 60 Prozent der gesamten Rohstoffgewinnung und mehr als die Hälfte der Abfälle dem Bausektor zuzurechnen. Über 70 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes und 35 Prozent des gesamten Müllaufkommens hingen mit dem Bausektor zusammen. Insofern begreift die Stadt ihr Engagement für die Kreislaufwirtschaft und die Ressourcenschonung als Beitrag zu ihrer Transformation in Richtung Klimaneutralität.
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.