Das Deutschlandticket steht ein Jahr nach seiner Einführung abermals vor einer finanziellen Bewährungsprobe. Auf der Verkehrsministerkonferenz im Oktober wird voraussichtlich eine deutliche Preisanhebung für das Jahr 2025 beschlossen. Auf der Sonderkonferenz am vergangenen Montag beschlossen die Verkehrsminister der Länder, dass „nach den aktuell prognostizierten Mittelbedarfen eine Preiserhöhung für das Deutschlandticket in 2025 erforderlich“ sei.
Ausbleibende Zahlungen erschweren Planungen
Deutliche Kritik äußerte der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, der nordrheinwestfälische Verkehrsminister Oliver Krischer, an der Ankündigung des Bundes, die Auszahlung der Regionalisierungsmittel in Höhe von 350 Millionen Euro im Jahr 2025 erst nach Vorlage von Verwendungsnachweisen auszuzahlen. Jan Strehmann, Referatsleiter Mobilität und Wirtschaft des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), kommentiert auf LinkedIn: „Die angedachte Verschiebung bei der Auszahlung von Regionalisierungsmitteln löst zudem weitere Unsicherheit bei den Kommunen und Fahrgästen aus. Denn schon aktuell ist mit den vorhandenen Mitteln das Angebot bei Bus und Bahn kaum noch zu finanzieren.“
Auch für den Ausbau des Angebots fehlen Mittel
Der kommunale Spitzenverband fordert vom Bund Planungssicherheit, unterstellt ihm stattdessen jedoch, sich aus der Finanzierung des Deutschlandtickets zu verbschieden. „Von dem im Koalitionsvertrag verankerten Ausbaupakt für den ÖPNV kann angesichts dieser Finanzierungssituation aktuell keine Rede mehr sein“, heißt es in dem DStGB-Post. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, regierte bereits Anfang Juli auf Äußerungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner zum Deutschlandticket mit einem Hinweis auf weitere Versäumnisse des Bundes: „Das Ausbleiben von Bundesmitteln für einen besseren ÖPNV jetzt auf das Deutschlandticket zu schieben, lenkt davon ab, dass der Bund bei den Finanzen für den Modernisierungspakt immer noch blockt.“
Deutschlandticket: Kommunen tragen das Risiko
Für die Kommunen reiht sich der Streit über die Finanzierung des Deutschlandtickets in eine ganze Reihe von Konflikten über bundespolitische Vorhaben, die ohne ausreichende Finanzmittel auf kommunaler Ebene umgesetzt werden sollen. Im Fall des Deutschlandtickets liegen die Risiken für die Preisvorgabe an die Verkehrsunternehmen bei den Städten und Gemeinden. Der Bund will den Ländern zudem die Finanzierung von Vergünstigungen aus den Regionalisierungsmitteln verbieten, berichtet Krischer. Damit erschwert er den Ländern die aktuellen Preisnachlässe für Schüler und eine zukünftige soziale Abfederung einer Preisanhebung. Bei steigenden Preisen dürfte das Deutschlandticket bei weniger zahlungskräftigen Nutzern und außerhalb der großen Städte an Attraktivität verlieren.
Gunther Schilling ist Verantwortlicher Redakteur Public Sector mit Schwerpunkt „#stadtvonmorgen“. Dort schreibt er insbesondere über die Themen Digitalisierung und kommunale Unternehmen. Der Diplom-Volkswirt ist seit 1990 als Redakteur in der F.A.Z.-Verlagsgruppe tätig. Das Team von „#stadtvonmorgen“ verstärkt Gunther Schilling seit Januar 2022. Zuvor war er Leitender Redakteur des Außenwirtschaftsmagazins „ExportManager“.