„Wir brauchen eine Art Marshallplan, und zwar auch für die Kommunen“, sagt Marcus König, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg. Er bezieht sich auf das Sondervermögen für Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro, auf das sich die Unionsparteien und die SPD aktuell in Sondierungsgesprächen hinsichtlich ihrer möglichen Arbeit als Regierungskoalition geeinigt haben. Davon sollen 100 Milliarden Euro an Länder und Kommunen gehen. Außerdem planen die Parteien eine Lockerung der Schuldenbremse. In ersten Reaktionen begrüßen die Städte die schwarz-roten Ideen für diesen Infrastrukturtopf.
Über 180 Milliarden Euro Investitionsstau in Kommunen
„Die Bundespolitik hat jetzt endlich den Ernst der Lage erkannt und handelt“, so Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags zu den Plänen. Seit Jahren fahre die Bundesrepublik bei der Infrastruktur auf Verschleiß. So dürfe man nicht weitermachen, findet Dedy. Es brauche massive Investitionen.
Die Höhe des geplanten Sondervermögens würde zwar nicht ausreichen, um den Investitionsstau von über 186 Milliarden Euro in den Kommunen zu beseitigen. Allerdings ist Dedy zuversichtlich: „Aus dem 500-Milliarden-Sondervermögen sollen 100 Milliarden Euro an die Länder gehen, vor allem für die Infrastruktur in den Kommunen. Das wird nicht von heute auf morgen alle Probleme lösen, geht aber von der Dimension in die absolut richtige Richtung. Das ist ein echtes Pfund.“ Wichtig ist für Dedy, dass vom Bundestag schnell Klarheit geschaffen und das Finanzpaket verabschiedet wird. „Das Geld muss dann schnell und ohne Umwege direkt vor Ort in den Städten ankommen, damit wir Schulen, Straßen und Brücken sanieren können.“
Sondervermögen allein ist für Kommunen nicht genug
Auch von anderen Städteverbänden kommt Zustimmung für den Plan von Union und SPD. Der Präsident des Niedersächsischen Städtetages, Oberbürgermeister Jürgen Krogmann aus Oldenburg, glaubt, mit dem Sondervermögen könnten nicht nur dringend notwendige Investitionen getätigt werden, sondern auch wichtige Impulse für die lokale Wirtschaft gesetzt werden.
Mit Blick auf die zehnjährige Laufzeit des Sondervermögens für alle Länder und Kommunen relativiere sich die Höhe des Betrags. „Am Ende benötigen wir eine Lösung, die nicht nur hilft, dass die kommunalen Investitionsrückstände und die kommunale Verschuldung insgesamt nicht weiter steigen, sondern eine, die dabei hilft, den Sanierungsstau abzubauen, eine Erholungsperspektive für die Kommunalfinanzen aufzuzeigen und gemeinsam voranzukommen“, so Krogmann. Er fordert daher zusätzliche neben der Schuldenbremsenreform ein Aufgabenmoratorium, konsequenten Bürokratieabbau, eine kommunale Altschuldenlösung, eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und lückenlose Konnexität.
Bund soll verlässlich Städte unterstützen
Ähnlich sieht es der Nürnberger Oberbürgermeister König. Denn mit noch mehr Bürokratielast geht es nicht, ist auch er überzeugt: „Was wir nicht brauchen, ist ein bürokratisches Monster, bei dem erst umständlich komplizierte Anträge in kürzester Zeit ausgefüllt werden müssen.“ Geld aus dem Sondervermögen müsse „eins zu eins an die Kommunen fließen“, sagt König. „Wir wissen am besten, wie wir das Geld einsetzen müssen.“
Kommunen, gerade Großstädte, bräuchten eine verlässliche und dauerhafte Unterstützung durch den Bund. König: „Würde man die genannte Summe von 100 Milliarden Euro auf die Einwohnerzahl Nürnbergs herunterbrechen, könnte unsere Stadt von gut 680 Millionen Euro Unterstützung profitieren.“
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.