Stimmen zum Koalitionsvertrag

Die deutschen Städte begrüßen die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen. Der am Mittwoch vorgestellte Koalitionsvertrag trifft in weiten Teilen der Kommunen auf positive Resonanz. Insbesondere bei den Themen Bürokratieabbau, Verfahrensbeschleunigung, Digitalisierung und Infrastrukturausbau kommt er vielen kommunalen Anliegen entgegen. Skeptische Stimmen sind allerdings vor allem hinsichtlich der kommunalen Finanzausstattung nicht zu überhören. Zwar stellen die Koalitionäre Entlastungen beispielsweise in Sachen Altschulden in Aussicht, die skizzierten Ansätze erscheinen den Kommunen aber nicht ausreichend und zielführend. Die deutlichste Kritik an dem Verhandlungsergebnis aus kommunaler Sicht kommt vom Landkreistag. Der Koalitionsvertrag enthalte „zu wenig Belastbares“, heißt es in einer Verbandsmitteilung. #stadtvonmorgen hat Stimmen zum Koalitionsvertrag aus der kommunalen Familie zusammengetragen.Es braucht finanzielle HandlungsfähigkeitDer Deutsche Städtetag erkennt im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD „viele gute Impulse, die eine Politik für zukunftsfähige Städte möglich machen“, sagt Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages. Entscheidend sei in den kommenden Jahren, die Städte wieder finanziell handlungsfähig zu machen. Dazu müssten alle Steuerausfälle bei den Kommunen ausgeglichen werden, erklärt Lewe. „Noch mehr Minus würden die kommunalen Haushalte nicht verkraften.“ Positiv sieht der Städtetag vor allem die geplante Verschlankung der Verwaltung und der Förderbürokratie sowie das angekündigte Infrastruktur-Zukunftsgesetz und die Fortführung des Deutschlandtickets. Bei der Wärmewende fordert er mehr Klarheit hinsichtlich ihrer Rahmenbedingungen.Koalitionsvertrag zu mut- und kraftlos„Wir sehen in dem, was da zu Papier gebracht worden ist, durchaus positive Ansätze. Das gilt vor allem für die Migrationspolitik oder das Bürgergeld. Insgesamt enthält der Vertrag aber aus unserer Sicht viel zu wenig Belastbares.“ Das sagt Achim Brötel, Präsident des Deutschen Landkreistags, über den Koalitionsvertrag. Viele zentralen Fragen würden nicht angepackt oder auf eine ungewisse Zukunft vertagt. Dabei geht es ihm vor allem um die „dramatische Situation“ der Kommunalfinanzen. Aufbruch und Wende sähen anders aus. Der Landkreistag fordert deshalb weiterhin spürbare Verbesserungen für die kommunale Ebene und eine Reform des Sozialstaats. „Jeder weiß: Ein Weiter-so kann es nicht mehr geben. Aber: Offenbar hat der neuen Koalition in den Verhandlungen der Mut oder die Kraft gefehlt, das auch so deutlich zu artikulieren und in ganz konkrete Reformschritte zu übersetzen.“Unklarheit bei Altschuldenlösung„Der Schritt geht in die richtige Richtung, aber nicht weit genug“ – so reagiert das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ auf die im Koalitionsvertrag vorgeschlagenen Altschuldenlösung. Demnach will sich der Bund mit jährlich 250 Millionen Euro hälftig an Entschuldungsmaßnahmen der Länder beteiligen. Angesichts von bundesweit 32,6 Milliarden Euro kommunalen Kassenkrediten sei diese Summe aber nicht annähernd ausreichend, heißt es von dem Städtenetzwerk. Zudem sei die Formulierung in mehrerlei Hinsicht unklar. Etwa sei nicht zu ersichtlich, welche Länder beteiligt werden und wie das Geld verteilt wird. Das Städtebündnis repräsentiert finanzschwache und hochverschuldete Kommunen.Koalitionsvertrag rasch mit Leben füllen„Die neue Regierung wird an der schnellen und konsequenten Umsetzung gemessen werden“, heißt es vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB). Für den Verband weisen viele der im Koalitionsvertrag enthaltenen Ansätze in richtige Richtung, so auch das Bekenntnis zur Stärkung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Kommunen. Vor allem begrüßt DStGB-Hauptgeschäftsführer André Berghegger in einem Statement, dass mit dem Vertrag eine Migrationswende gelungen sei und klare Vereinbarungen für die Integration getroffen werden sollten. „Viele gute Ansätze der Koalitionsvereinbarung müssen konkretisiert und rasch mit Leben gefüllt werden. Es darf nicht dazu kommen, dass die dringend notwendigen Reformen zerredet werden.“Positive Signale für die Autostadt WolfsburgDas klare Bekenntnis des Koalitionsvertrags zum Industriestandort Deutschland und zur Automobilindustrie sei gerade für die Autostadt Wolfsburg ein wichtiges Signal, sagt Oberbürgermeister Dennis Weilmann. Die zukünftige Bundesregierung möchte mit einer Reihe von Maßnahmen wie Kaufanreizen für Elektroautos oder Förderung des autonomen Fahrens die Automobilindustrie unterstützen. Zudem verweist Weilmann auf die geplante Förderung von Batteriezellen und dessen Recycling. Das passe gut zur lokalen Profilierung als Standort der Kreislaufwirtschaft. Auch das zukunftsgewandte Profil Wolfsburgs als Smart City korrespondiere mit dem Ziel der Koalitionäre, die digitale Transformation voranzubringen.Zusatzvereinbarung zum Berlin-Bonn-GesetzMit dem entsprechenden Passus im Koalitionsvertrag zum Berlin-Bonn-Gesetz werde „der Status von Bonn als zweites bundespolitisches Zentrum weiter gesichert“, sagt Oberbürgermeisterin Katja Dörner. In den vergangenen Monaten arbeiteten die Stadt, benachbarte Kommunen, die beteiligten Bundesländer und der Bund an einer Zusatzvereinbarung zum Berlin-Bonn-Gesetz, um das Profil der ehemaligen Hauptstadt und heutigen Bundesstadt weiter zu schärfen. Laut Koalitionsvertrag soll diese nun zum Abschluss kommen. Erfreulich für die Stadt sei außerdem, „dass neben der Zusatzvereinbarung auch Bonn als UN-Stadt und Sitz internationaler Organisationen im Koalitionsvertrag ausdrücklich Erwähnung gefunden hat“, so Dörner.NSU-Dokumentationszentrum in NürnbergVon der neuen Bundesregierung wünscht sich Marcus König, Oberbürgermeister von Nürnberg, „die im Vertrag versprochene finanzielle Entlastung gerade der großen Städte“. Im Zusammenhang mit den Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen müsse das Konnexitätsprinzip gelten. Aus Sicht der Stadt Nürnberg verweist er auf das geplante NSU-Dokumentationszentrum. Im Zusammenhang mit seinem Kampf gegen Rechtsextremismus und für Demokratie will der Bund laut Koalitionsvertrag ein solches in Nürnberg schaffen. Es soll die Taten der terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) aufarbeiten und ein Erinnerungsort für deren Opfer sein.Forum Recht in Leipzig und Karlsruhe„Der Koalitionsvertrag ist eine solide Grundlage für einen neuen Aufbruch, im Bund wie auch in den Kommunen.“ Das sagt Burkhard Jung, der Oberbürgermeister von Leipzig, zu dem Papier von CDU, CSU und SPD. „Die neue Bundesregierung zeigt die klare Absicht, die Bürokratie nachhaltig abzubauen – in einem Volumen von zehn Milliarden Euro – und die Digitalisierung in den Verwaltungen voranzutreiben.“ Wichtig sei ein „klarer Fahrplan, der die Kommunen mitnimmt und der in den Rathäusern umsetzbar ist“, so Jung. „Bei Bau, Planungsrecht und der Modernisierung der Infrastruktur legt der Koalitionsvertrag eine gute Grundlage.“ Aus Sicht der Stadt weist er auf das im Vertragswerk genannte Bekenntnis zum Forum Recht in Leipzig und Karlsruhe hin. Dafür will Leipzig einen neuen Standort errichten.

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