Hitzeschutz: Kommunen weisen auf die Finanzfrage hin

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Der Forderung, sie sollten kommunale Hitzeaktionspläne verpflichtend ausarbeiten, stehen die Städte und Gemeinden skeptisch gegenüber. Dass der Hitzeschutz für die Kommunen an Priorität gewinne, erkennen der Deutsche Städtetag und der Städte- und Gemeindebund (DStGB) an. Hinsichtlich der Einführung des Hitzeschutzes oder der Aufstellung von Hitzeaktionsplänen als neuer kommunaler Pflichtaufgabe weisen sie allerdings auf die Finanzfrage hin. Im Zusammenhang mit dem Hitzeaktionstag regte zuletzt etwa Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV Spitzenverbands der Krankenversicherungen, an, die Aufstellung von Hitzeaktionsplänen „als kommunale Aufgabe verbindlich“ zu machen.

Dedy: „Die Rahmenbedingungen müssen stimmen“

„Klar ist, dass die Städte beim Hitzeschutz aktiv sein müssen – und das sind sie bereits, wo sie können“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, dazu auf #stadtvonmorgen-Nachfrage. Etwa widmen sich viele Städte ihrer Transformation zur Schwammstadt und setzen Maßnahmen wie Begrünungen, Belüftungen oder des Wassermanagements um. Auch gehen sie in den Dialog mit der Bevölkerung, geben Hitzeschutztipps, und etliche Städte arbeiten bereits an Hitzeaktionsplänen. (Das Foto oben zeigt einen Trinkbrunnen der Aktion „Ein Spiel – ein Trinkbrunnen“ zur Fußballeuropameisterschaft.) Dedy: „Für umfassende und langfristige Infrastrukturmaßnahmen für den Hitzeschutz und die Hitzevorsorge müssen aber auch die Rahmenbedingungen stimmen.“

Vordinglich weist Dedy auf „die finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern“ hin. Denn: „Ein verbindlicher kommunaler Hitzeaktionsplan bleibt ein Papiertiger, wenn wir die geplanten Maßnahmen nicht umsetzen können, weil der Rahmen nicht stimmt.“ Gleichwohl könne ein in ausreichender Zeit formulierter und ausfinanzierter Hitzeschutzplan „für mehr Planungssicherheit sorgen“, meint der Hauptgeschäftsführer des Städtetags. „Bund und Länder müssen vor allem offene Finanzierungsfragen klären.“

Über das Klimaanpassungsgesetz des Bundes, das zum 1. Juli in Kraft tritt, könnten laut Dedy auch Hitzeschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Dafür müssten die Länder das Gesetz jetzt schnell in Landesrecht umsetzen. „Manche Länder verzögern die Umsetzung aber, weil sie erst Förder- und Finanzzusagen vom Bund haben wollen. Durch dieses Taktieren haben die Städte keine klare rechtliche und finanzielle Grundlage – weder für Klimaanpassungsmaßnahmen noch für den Hitzeschutz.“

Brüning: Freiwilligkeit beim Hitzeschutz

Zunehmende Hitzeperioden führten zu immer größeren Herausforderungen in den Kommunen. Insofern unterstütze man das Anliegen des Hitzeaktionstags, dafür zu sensibilisieren, „absolut“, sagt Finn-Christopher Brüning, der als Referatsleiter beim DStGB für Gesundheitsthemen zuständig ist, auf #stadtvonmorgen-Nachfrage. „Bei einer neuen Pflichtaufgabe, die eventuell nicht durchfinanziert ist, schrillen aber aus Erfahrung die kommunalen Alarmglocken.“

Ohnehin liege es im Eigeninteresse der kommunal Verantwortlichen, zum Wohle ihrer Gemeinde Hitzeschutz zu betreiben. Insofern sei es „besser, Anreize für Freiwilligkeit schaffen“, meint Brüning. Das könne über entsprechend langfristig angelegte Förderprogramme geschehen. Er regt beispielsweise an, die dreijährige Förderung für Klimaschutzmanager mit der Erweiterung zum Hitzeschutzmanagement weiterzuführen.

Darüber hinaus sieht er definitorische Defizite. Bisweilen würden Hitzeschutzkonzepte in Klimaschutzplänen mitgedacht. Mancherorts herrsche ein eher auf kommunale Einrichtungen begrenztes Verständnis vom Hitzeschutz, andernorts gehe es um städtebauliche Lösungen. Und wieder anderswo begreife man einen Hitzeschutzaktionsplan als umfassendes Handlungsmuster, das als Leitfaden in Fällen extremer Hitze etwa für Kitas, Schulen, Sport- und Arbeitsplätze im Freien oder Pflegeeinrichtungen gilt. Was genau mit der pauschalen Forderung nach kommunalem Hitzeschutz verbunden sei, sei nicht immer eindeutig.

#stadtvonmorgen-Umfrage zum Hitzeschutz

Diesen Befund untermauert auch eine #stadtvonmorgen-Umfrage zum Hitzeschutz, die 2023 erschienen ist: Sie zeigt, dass selbst in der kommunalen Familie unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, was ein Hitzeaktionsplan umfasst.

Info

Die Hitze-Umfrage von #stadtvonmorgen kann im Archiv der #stadtvonmorgen-Publikationen nach Registrierung hier kostenlos heruntergeladen werden.

a.erb@stadtvonmorgen.de

Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.