Oberbürgermeisterwahl: In Pirna gewinnt der AfD-Kandidat

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Bei der gestrigen Oberbürgermeisterwahl in Pirna konnte sich bundesweit erstmals in diesem Amt ein Kandidat der rechtsextremistischen AfD durchsetzen. Tim Lochner erhielt mit 38,5 Prozent zwar nicht die absolute Mehrheit der Stimmen. Doch in Sachsen reicht in der Stichwahl mit mehreren Kandidaten die einfache Mehrheit. Die beiden verbliebenen Kandidaten Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) und Ralf Thiele (Freie Wähler) erhielten 31,4 Prozent bzw. 30,1 Prozent. Lochner ist Tischlermeister mit eigenem Betrieb in Pirna und war bis 2016 Mitglied der CDU. Er löst Klaus-Peter Hanke von den Freien Wählern ab, der seit 2010 Oberbürgermeister von Pirna ist.

Lochner profitiert von geteilter Opposition

Die Wahlbeteiligung in der rund 40.000 Einwohner zählenden Großen Kreisstadt Pirna war gestern mit 55 Prozent noch etwas höher als im ersten Wahlgang am 26. November. Schon damals erhielt der parteilose AfD-Kandidat Lochner mit 32,9 Prozent die meisten Stimmen, gefolgt von Thiele mit 23,2 Prozent und Dollinger-Knuth mit 20,3 Prozent. SPD und Grüne, deren Kandidat Ralf Wätzig mit 10 Prozent deutlich abgeschlagen aus der Abstimmung kam, sowie der Einzelkandidat André Liebscher unterstützten im zweiten Wahlgang Dollinger-Knuth. Dies reichte angesichts der Kandidatur zweier Mitbewerber jedoch nicht, um sich gegen den AfD-Kandidaten durchzusetzen.

Die AfD warb im Vorfeld der Oberbürgermeisterwahl damit, frischen Wind in die Stadtverwaltung zu bringen. Befürchtungen, nach der Wahl drohten „Einbrüche bei Tourismus und Wirtschaft, gar der Verlust von Weltoffenheit und Vielfalt“, seien unbegründet.

Städtetag äußert Besorgnis

In einer ersten Stellungnahme des Deutschen Städtetages sagt Präsident Markus Lewe: „Die Bürgerinnen und Bürger von Pirna haben entschieden. Das ist Demokratie, das Ergebnis beunruhigt uns im Deutschen Städtetag aber sehr. Denn es zeigt, dass vielerorts ein Riss durch unsere Gesellschaft geht in einer Zeit, in der wir mehr Zusammenhalt und gemeinsames Engagement brauchen, um die Veränderungen und Herausforderungen zu meistern, vor denen wir stehen.“ Es gehe darum, alle Menschen mitzunehmen. „Das wird nicht gelingen mit Parteien, die extremistische Positionen vertreten. Extremistische Parteien setzen darauf, die Gesellschaft zu spalten und schüren Angst und Verunsicherung. Unsere Gesellschaft dagegen braucht jetzt mehr denn je den Austausch und Ausgleich unterschiedlicher Interessen.“

g.schilling@stadtvonmorgen.de

Gunther Schilling ist Verantwortlicher Redakteur Public Sector mit Schwerpunkt „#stadtvonmorgen“. Dort schreibt er insbesondere über die Themen Digitalisierung und kommunale Unternehmen. Der Diplom-Volkswirt ist seit 1990 als Redakteur in der F.A.Z.-Verlagsgruppe tätig. Das Team von „#stadtvonmorgen“ verstärkt Gunther Schilling seit Januar 2022. Zuvor war er Leitender Redakteur des Außenwirtschaftsmagazins „ExportManager“.