Städtepartnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen Kommunen trügen dazu bei, „die Ukraine auf der mentalen Karte Europas zu halten und zu festigen“. Das sagt Iryna Shum, die ukrainische Generalkonsulin in Düsseldorf, im Interview mit #stadtvonmorgen. Zugleich regt sie dazu an, bestehende bilaterale Kooperationen zu erweitern und multilaterale Partnerschaften zu formen. (Das vollständige Interview erscheint mit dem #stadtvonmorgen-Newsletter am 29. Mai; Anmeldung hier.)
Wiederaufbau und EU-Anbindung der Ukraine
„Was kommunale Partnerschaften angeht, ist deren Wichtigkeit nicht zu unterschätzen – besonders in der Phase vor etwa zwei Jahren, als viele neu entstanden sind“, unterstreicht Shum. Neben der akuten Nothilfe hätten sie einen psychologischen Effekt. „Die humanitäre Hilfe und Unterstützung, die aus Kommunalpartnerschaften für die Ukraine hervorgeht, sind enorm wichtig. Doch sie gehen über das Materielle hinaus. Sie vermitteln den Menschen in der Ukraine gleichzeitig das Gefühl, nicht alleingelassen zu sein gegenüber dem Aggressor.“
Für den Wiederaufbau der Ukraine sei der interkommunale Austausch ebenfalls wichtig, so Shum. „Städtepartnerschaften helfen schon heute dabei, Infrastrukturen wieder aufzubauen und zu sichern.“ Zudem leisteten sie einen Beitrag dazu, die EU-Mitgliedschaft der Ukraine anzustreben oder zumindest die Anbindung der Ukraine an die EU zu stärken.
Deutsch-ukrainische Städtepartnerschaften in neuer Phase
Die Zusammenarbeit zwischen deutschen und ukrainischen Kommunen seit dem russischen Überfall münde derzeit in eine neue Phase. „Wir hören weniger von neu abgeschlossenen Städtepartnerschaften, dafür von immer neuen konkreten Projekten, die innerhalb bestehender Kooperationen umgesetzt werden“, erklärt Shum. Die Beziehungen würden konkreter und fänden institutionalisierte Formate. „Außerdem findet eine stärkere Differenzierung statt: Denn die Herausforderungen, vor denen die ukrainischen Städte stehen, können je nach geografischer Lage und Betroffenheit vom Krieg variieren.“
Dabei sei auch feststellbar, dass Netzwerke wüchsen. Diesen Ansatz hält Shum für zielführend. „Nach der russischen Invasion übernahmen insbesondere viele polnische Städte die Rolle, eine Brücke nach Westen zu bilden. Genauso könnten nun deutsche Städte ihre westlichen Partner anregen, sich dem Netzwerk der Solidarität anzuschließen“, meint die Generalkonsulin. Beispiele dafür gibt es bereits. Etwa haben die Partnerstädte Krefeld und Venlo in den Niederlanden eine gemeinsame Kooperation mit der ukrainischen Stadt Kropyvnytsky geschlossen. „So entstehen trilaterale Partnerschaften, und das Netzwerk entwickelt sich weiter, wird noch schlagkräftiger“, sagt Shum dazu. „Und überdies steht das grenzüberschreitende Zusammenwirken nicht nur im Zeichen der Unterstützung für ukrainische Städte, sondern stärkt auch die europäische Solidarität und Einheit.“
Info
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.