Die Zahl der Genehmigungen im Wohnungsbau geht seit 2022 deutlich zurück. Im Oktober sank sie bundesweit um 11,5 Prozent, in Hessen war der Rückgang mit 22,7 Prozent sogar noch stärker. Nun will die zukünftige Landesregierung in Hessen insbesondere die Investitionen in den geförderten Wohnungsbau deutlich erhöhen.
Digitale Genehmigungsverfahren
Ein wichtiger Schritt zu diesem Ziel soll die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren sein. Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD heißt es dazu: „Wir verbessern die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau und werden insgesamt die Planungs- und Genehmigungsverfahren im Bausektor beschleunigen. Dazu gehört unter anderem eine vollständige Digitalisierung der Genehmigungsverfahren.“ Die Koalition plant dafür eine Novelle der Hessischen Bauordnung und eine Initiative zur Baulandgewinnung.
Novelle der Hessischen Bauordnung
Die Novellierung der Hessischen Bauordnung soll insbesondere die Planung beschleunigen und kostentreibende Regelungen reduzieren. Neue Innovations- und Experimentierklauseln sollen einfacheres Bauen (Gebäudetyp E) möglich machen. Die Koalition will Kommunen zudem dabei unterstützen, Leerstand in Ortskernen anzukaufen und in Wohnraum umzuwandeln. Als weiteren Schwerpunkt der Wohnungspolitik sehen CDU und SPD in Hessen die Ausweisung von zusätzlichem Bauland. Dazu sollen rechtliche Verfahren zur Ausweisung von neuen Baugebieten vereinfacht und verbessert werden.
Deponiekosten sollen gesenkt werden
Der Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen hebt in seiner Reaktion auf die Koalitionspläne vor allem die beabsichtigte Schaffung neuer Deponiekapazitäten und den erleichterten Einsatz von Recyclingbaustoffen hervor. „Der Umgang mit Erdaushub und Abbruchabfällen stellt in Hessen aufgrund mangelnder Verwertungs- und Deponiekapazitäten derzeit einen wesentlichen Kostentreiber im Bau dar“, sagt Verbandspräsident Thomas Reimann. „Um diese Kosten zu reduzieren und darüber hinaus eine funktionierende Kreislaufwirtschaft zu etablieren, ist der vermehrte Einsatz von Recyclingbaustoffen nur zu begrüßen.“
Kostenanstieg im Wohnungsbau ebbt ab
Einen wesentlichen Einfluss auf die Bautätigkeit hatte in den vergangenen Jahren die Entwicklung der Zinssätze für Wohnungsbaukredite und der allgemeinen Baukosten. Hier schlägt aktuell der Rückgang der Inflationsrate und die konjunkturelle Schwäche in der Euro-Zone positiv zu Buche. Die Zinssätze für zehnjährige Baukredite liegen nach Angaben von Interhyp Anfang Januar 2024 mit 3,4 Prozent gut 0,8 Punkte unter dem Spitzenwert von Oktober 2023. Die Baukosten für Wohngebäude sind im dritten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal gesunken. Vor allem Baumaterialien wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes günstiger.
Wohnraum besser verteilen
Zur Schaffung von zusätzlichen Wohnraumangeboten setzt die hessische Landesregierung jedoch nicht allein auf den Wohnungsneubau. Auch bei der Leerstandnutzung will sie die Kommunen unterstützen. Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Münster schlägt zudem vor, den vorhandenen Wohnraum besser zu verteilen. In einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen empfahl er den Einsatz von Umzugslotsen, die dabei helfen könnten, große Wohnungen für Familien zu mobilisieren und die darin wohnenden Einzelpersonen in kleinere Wohnungen zu vermitteln. Er nennt zudem Unterstützungen bei den Umzugskosten und eine Fehlbelegungsabgabe für nicht mehr bedürftige Mieter von Sozialwohnungen. Die dadurch eingenommenen Mittel könnten wieder in Sozialwohnungen investiert werden, wie das in Hessen und Rheinland-Pfalz bereits der Fall sei.
Gunther Schilling ist Verantwortlicher Redakteur Public Sector mit Schwerpunkt „#stadtvonmorgen“. Dort schreibt er insbesondere über die Themen Digitalisierung und kommunale Unternehmen. Der Diplom-Volkswirt ist seit 1990 als Redakteur in der F.A.Z.-Verlagsgruppe tätig. Das Team von „#stadtvonmorgen“ verstärkt Gunther Schilling seit Januar 2022. Zuvor war er Leitender Redakteur des Außenwirtschaftsmagazins „ExportManager“.