Angesichts der Insolvenz des Immobilien- und Handelskonzerns Signa Holding wachsen in den betroffenen Städten die Sorgen um die Vitalität ihrer Zentren. Dabei geht es zum einen um die Zukunft markanter Immobilienprojekte sowie zum anderen um das Überleben von Filialen der zum Signa-Konzern gehörenden Kaufhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof. Mit der Signa-Insolvenz gerät auch Galeria Karstadt Kaufhof in Turbulenzen: Vor wenigen Tagen meldete das Unternehmen ebenfalls Insolvenz an. Die Städte Hamburg, Frankfurt am Main, München und Berlin haben im Fall Signa nun einen engen Austausch verabredet.
Signa-Insolvenz: Städte bangen um Arbeitsplätze
„Wir unterstützen alle Bemühungen, die zu einer nachhaltigen Lösung für die Kaufhausstandorte und einer zügigen Entwicklung der Immobilienprojekte beitragen“, teilten gestern die Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey, Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher sowie die Oberbürgermeister Dieter Reiter aus München und Mike Josef aus Frankfurt in einem gemeinsamen Statement nach einer digitalen Besprechung mit. „Oberstes Ziel muss dabei der Erhalt von Arbeitsplätzen sein.“
Die Insolvenz sei zwar eine „bittere Nachricht“, so die Stadtlenker. Gleichwohl eröffne sie die Möglichkeit, „dass sich die Kaufhausstandorte in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und deutschlandweit mit neuen Investoren und einer nachhaltigen Strategie neu ausrichten“. Die Städte seien bereit, daran mitzuwirken. „Im Immobilienbereich sind die privaten Investoren in der Pflicht dafür zu sorgen, dass es auf den bestehenden Baustellen beziehungsweise mit den geplanten Grundstücksentwicklungen weitergeht.“
Dedy fordert Einbezug der Städte
Dementsprechend forderte Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, bereits Mitte Dezember im Fall Signa den Einbezug der betroffenen Städte „in die Gespräche zwischen Gläubigern, Eigentümern, Anteilseignern und Insolvenzverwaltern“. Schließlich hätten gerade die Filialen in zentralen Lagen oft eine „Schlüsselfunktion“ für die jeweilige Innenstadt, und ihr Nutzungsstatus sei relevant für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung.
Für die Städte sind die neuen Turbulenzen bei Galeria Karstadt Kaufhof eine Hiobsbotschaft. Bereits vor knapp einem Jahr durchlief der Warenhauskonzern eine Insolvenz in Eigenverwaltung. In diesem Zusammenhang sollten bundesweit über 50 Filialen geschlossen werden. Einige der auf der „Streichliste“ stehenden Standorte konnten allerdings nicht zuletzt durch die Vermittlung der jeweiligen Städte zwischen Gebäudeeigentümern und Mieter gehalten werden. Dort, wo aufgrund von Filialaufgaben Leerstände entstehen, engagieren sich die Städte ebenfalls für eine Nachnutzung: Als erste Stadt bringt Hanau das örtliche Haus in ihren Besitz (Foto oben), um die Immobilienentwicklung im Sinne der Innenstadt zu gestalten.
Mentrup sieht Chancen in der Insolvenz
Frank Mentrup, der Oberbürgermeister von Karlsruhe, sieht in den aktuellen Signa-Verwerfungen zum einen „eine große Verunsicherung für die Mitarbeiter und den Einzelhandelsstandort“, zum anderen aber auch eine Chance und die Hoffnung auf das Erreichen „stabiler Besitzverhältnisse“ bei Galeria. „Positiv zu bewerten ist die Absicht des Managements, sich auf innovativen Handel in den Innenstädten mit Filialen und Onlinegeschäft konzentrieren zu wollen, ohne sich weiter von den Turbulenzen innerhalb der Signa-Gruppe Woche für Woche aufs Neue verunsichern zu lassen“, sagt Mentrup. „Auch der Fokus auf eine stärkere lokale Ausrichtung ist zu begrüßen.“ Nach Angaben der Stadt engagiert sich Mentrup bereits seit über einem Jahr für den Erhalt der lokalen Karstadt-Filiale. Für die City sei sie „eine wichtige Ankernutzung mit großer regionaler Bedeutung“.
Info
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.

