FROH’S NEUES (12): Jutta Steinruck weist auf kommunale Belastungsgrenzen hin und mahnt eine Altschuldenlösung an.

An der Schwelle zum neuen Jahr: Wo stehen die Städte? Welche Herausforderungen liegen vor ihnen, und was erhoffen sie sich von 2024? Wie sie ins neue Jahr schauen, als Stadtlenker, als Lokalpolitiker und ganz persönlich – das hat #stadtvonmorgen verschiedene Oberbürgermeister gefragt. In einer Serie zum Jahreswechsel spricht bis zum 3. Januar täglich ein Oberbürgermeister über seine Perspektive auf 2024. An dieser Stelle ist es Jutta Steinruck, die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen. Die Antworten aller Oberbürgermeister sind gebündelt in den #stadtvonmorgen-Newslettern am 27. Dezember (Teil 1) und am 3. Januar (Teil 2) zu lesen. (Die Anmeldung zum wöchentlich erscheinenden Newsletter ist kostenlos und hier möglich.) #stadtvonmorgen wünscht: Froh’s Neues!

Angespannte Finanzlage und Leistungsgrenzen

#stadtvonmorgen: Wenn Sie auf den Jahreswechsel schauen und die Situation der deutschen Kommunen reflektieren: Welche Themen bewegen die Städte am drängendsten? Wo liegen ihre zentralen Herausforderungen mit Blick auf 2024?

Jutta Steinruck: Zu den zentralen Herausforderungen, die uns Kommunen auch im kommenden Jahr bewegen werden, zählt vor allem die angespannte Finanzlage. Durch das geplante Wachstumschancengesetz fürchten wir massive kommunale Steuerausfälle, die dringend nötige Investitionen in den Kommunen ausbremsen. Mit einer gewissen Sorge schaue ich auf die aktuellen Debatten zum Bundeshaushalt nach dem Karlsruher Urteil. Es darf nicht passieren, dass notwendige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes nun zurückgestellt werden. Denn das würde uns als Kommunen ganz unmittelbar treffen. Hinzukommt die Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten. Viele Kommunen sind hier mit ihren Kapazitäten längst an der Leistungsgrenze angelangt.

„Wir brauchen eine gerechte finanzielle Ausstattung“

#stadtvonmorgen: Was braucht es, diese Herausforderungen zu lösen?

Jutta Steinruck: Um diese Herausforderungen zu lösen, brauchen wir eine gerechte finanzielle Ausstattung durch Bund und Land gemäß des Konnexitätsprinzips: Wer bestellt, bezahlt. Um die Aufgaben vor Ort wahrnehmen zu können, ist es unerlässlich, dass wir als Kommunen für die Umsetzung der Vorgaben auskömmlich finanziert werden. Dazu gehört aber auch eine faire Lösung der Altschuldenproblematik. Es ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn ab sofort mehr Geld in die Finanzierung von Geflüchteten fließt, aber der Schuldenberg, der sich über Jahre angehäuft hat, nicht weniger wird.

„Den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken“

#stadtvonmorgen: Den Blick auf Ihre Stadt gerichtet: Welche lokalen Themen treiben Sie an der Schwelle zum neuen Jahr besonders um?

Jutta Steinruck: Aufgrund der allgemeinen Schwierigkeiten bei den Kommunalfinanzen im Land agieren wir auch in Ludwigshafen bei wichtigen Zukunftsinvestitionen in einem engen Haushaltskorsett, das durch die Umsetzung neuer Bundesgesetze, zum Beispiel die kommunale Wärmeplanung, noch enger geschnürt wird. Große Infrastrukturprojekte wie der Neubau der Hochstraße Süd werfen außerdem ihre Schatten voraus. Was uns als Industriestadt inmitten der wirtschaftsstarken Metropolregion Rhein-Neckar darüber hinaus umtreibt, ist der Ausbau klimafreundlicher Mobilität. Wir stehen vor großen Herausforderungen im Bereich der Integration, aber auch der Bildung. Insbesondere bei der Bildung gilt es natürlich wieder, föderale Strukturen zu beachten. Die Diskussion um die Gräfenauschule – und das ist kein Problem von Ludwigshafen alleine – sollte als Weckruf im ganzen Land gehört und verstanden werden. Vor allem müssen wir alles daransetzen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Jutta Steinruck: „Vertrauen in unsere Demokratie“

#stadtvonmorgen: Was erwarten Sie persönlich von 2024?

Jutta Steinruck: Ich wünsche mir vom neuen Jahr, dass wir als Gesellschaft wieder ein stärkeres Miteinander pflegen. Dass wir wieder mehr auf die Kraft und Stärke bauen, mit denen wir die zurückliegenden Krisenjahre gemeistert haben. Die Zeiten sind nicht einfach, aber das darf uns nicht an unserer Demokratie zweifeln lassen. Wir müssen wieder mehr Diskussionskultur pflegen und brauchen Vertrauen in unser demokratisches System. Denn: Demokratie geht nicht ohne Zusammenhalt.

Info

In der Serie „Froh’s Neues“ geben Oberbürgermeister ihre Perspektive auf das neue Jahr. Die Serie startet am 19. Dezember und läuft bis zum 3. Januar. Alle Interviews erscheinen gebündelt in den #stadtvonmorgen-Newslettern am 27. Dezember und 3. JanuarDie Anmeldung zum Newsletter ist kostenlos und hier möglich.
An der Befragung haben folgende Oberbürgermeister teilgenommen: Mike Josef aus Frankfurt am MainBoris Palmer aus TübingenEva-Maria Kröger aus RostockFrank Nopper aus StuttgartThomas Westphal aus DortmundKatja Wolf aus EisenachMarkus Lewe aus MünsterSibylle Keupen aus AachenDieter Reiter aus MünchenDirk Hilbert aus DresdenMarkus Zwick aus PirmasensJutta Steinruck aus LudwigshafenBeate Kimmel aus KaiserslauternKatja Dörner aus BonnFabian Geyer aus FlensburgUwe Conradt aus Saarbrücken und Frank Mentrup aus Karlsruhe.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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