Sarah Vögler vom Projektentwickler GBI erachtet Urban Mining als notwendig fürs Bauen. Doch oft fehle in Kommunen das Bewusstsein dafür.

Von einer vorübergehenden Erscheinung möchte Sarah Vögler hinsichtlich des Urban Mining und der Wiederverwendung von Baumaterialien nicht sprechen. Im Gegenteil: Es sei ein „notwendiges Mittel, um langfristig weiter bauen zu können“, sagt Vögler, Head of Technical Development beim Projektentwickler GBI. Dabei sei die Relevanz des Themas an vielen Stellen – auch in Kommunen – noch nicht erkannt.

Urban Mining gegen die Ressourcenknappheit

„Bereits zum heutigen Zeitpunkt besteht weltweit eine Ressourcenknappheit“, erklärt Vögler auf Nachfrage von #stadtvonmorgen. Exemplarisch verweist sie auf Sand und andere Gesteinszuschläge für die Herstellung von Zement beziehungsweise Beton. Durch die Wiederverwendung von Baumaterialien könnten Bedarfe gedeckt und Ressourcen entlastet werden. Zudem könne „eine gut durchdachte Kreislaufwirtschaft“ einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes leisten.

Für die Baubranche sei das Thema also hochrelevant. In öffentlichen Ausschreibungen auch von Kommunen spiele es bislang aber nicht die seiner Relevanz zustehende Rolle. „Leider ist aus unserer Sicht ein fortschrittliches Denken hier kaum erkennbar“, meint Vögler. „Zwar setzt die EU-Taxonomie auch am Thema Abbruch und Entsorgung an, ist aber keine Vorgabe und nur bei Zertifizierungswunsch anzuwenden“, so Vögler.

Diskrepanz zwischen Bauanforderungen und Klimazielen

„Generell werden einem eher noch Steine in den Weg gelegt, wenn es um Reduzierung von Material und Baukosten geht.“ Exemplarisch verweist Vögler auf Stellplatzschlüssel für Pkw. Die lägen „in verschiedenen Kommunen immer noch extrem hoch ohne erkennbaren Grund“. Dies führe oft zur Herstellung teurer und wartungsintensiver Tiefgaragen mit einem hohen Ressourceneinsatz. Doch widersprächen die großen Stellplatzkapazitäten oftmals lokalen Zielen im Bereich der Verkehrswende und des Klimaschutzes.

Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit: Markt setzt Trends

Gleichwohl sei in der Branche durchaus „ein Umdenken im gesamten Prozess der Grundstücksentwicklung“ feststellbar. Nachhaltigkeitskriterien gewännen an Bedeutung. Bereits beim Grundstücksankauf spielten etwa Aspekte wie die Möglichkeit, auf dem Areal alternative Bauweisen wie den Einsatz von Holzmodulen anwenden zu können, oder der urbane Nachhaltigkeitskontext, den die jeweilige Kommune bestimmt, eine zunehmend wichtige Rolle.

Zudem steige der Stellenwert von Sanierungen und Nachverdichtungen, mit denen der Erhalt des baulichen Bestands einhergehe. Gleichzeitig rückten die Energieeffizienz und die Klimaneutralität der Gebäude stärker in den Fokus. Bei all dem gehe es oft auch darum, Recyclingmaterialen einzusetzen beziehungsweise die Möglichkeit vorzusehen, dass im Falle eines Rückbaus kein Sondermüll entsteht. „Aus meiner Sicht gibt der Markt die Trends vor“, sagt Vögler: Ohne eine nachhaltige Bauweise und entsprechende Zertifizierungen falle es immer schwerer, Immobilien am Markt zu platzieren.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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