Tübingen führt als erste Stadt eine Verpackungsteuer ein. Nach eigener Prognose erwartet sie für 2022 daraus Einnahmen von rund 700.000 Euro.

Im Zusammenhang mit der Verpackungsteuer, die in Tübingen seit dem 1. Januar 2022 gilt, legt die Stadt hinsichtlich des Steueraufkommens eine erste Prognose vor. Kurz vor dem Jahreswechsel gab die Kommune bekannt, dass sie für das Steuerjahr 2022 mit einem Steueraufkommen in der Größenordnung von rund 700.000 Euro rechnet. Tübingen ist die erste Stadt in Deutschland, die eine solche Steuer auf Einwegverpackungen von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen erhebt. Die Rechtmäßigkeit der Verpackungsteuer war Gegenstand eines bundesweit vielbeachteten Rechtsstreits, den das Bundesverwaltungsgericht im Mai 2023 zugunsten der Stadt entschied. Gegen die kommunale Steuer klagte der lokale Franchisenehmer einer Fast-Food-Kette.

Instrument gegen die „Müllflut“ in der Stadt

Mit der Verpackungsteuer möchte die knapp unter 100.000 Einwohner große Stadt laut Oberbürgermeister Boris Palmer örtliche Mehrweglösungen in der Gastronomie flankieren und „die Müllflut im Stadtgebiet“ zurückdrängen. Der Oberbürgermeister begreift sie als ein Regelungsinstrument zugunsten der Kreislaufwirtschaft. Die Steuer gilt für Einwegverpackungen wie Kaffeebecher, Einweggeschirr wie Pommesschalen sowie Einwegbesteck und andere Hilfsmittel wie Trinkhalme. Sie beträgt 50 Cent für Einwegverpackungen und -geschirr beziehungsweise 20 Cent für Einwegbesteck.

Die Einnahmen aus der Verpackungsteuer fließen in den städtischen Haushalt. Nach Angaben der Kommune sollen sie insbesondere der „Beseitigung des Mülls im öffentlichen Raum und weiteren Umweltschutzmaßnahmen rund um das Thema Müll“ zugutekommen.

Verpackungsteuer bringt 2022 rund 700.000 Euro

Bis kurz vor dem Jahresende haben demnach 313 von 420 angeschriebenen Betrieben ihre diesbezügliche Steuererklärung für 2022 bei der Verwaltung eingereicht. Davon wurden 161 Betriebe als steuerfrei eingestuft; 83 Steuerbescheide wurden verschickt. Ein Teil der Steuererklärungen sei noch in der Prüfung, heißt es von der Stadt. Zudem habe man in noch offenen Fällen ein erstes Erinnerungsschreiben hinsichtlich der Verpackungsteuer versandt. Sollten die betroffenen Betriebe daraufhin keine Steuererklärung abgeben, könne die Stadt die Steuerhöhe schätzen.

Dabei verzeichnet die Stadtkasse schon erste Zahlungseingänge. Bis Ende Dezember 2023 haben 59 Betriebe laut Stadt ihre Steuerschuld für 2022 beglichen. Damit habe die Verpackungsteuer bereits 146.337 Euro gebracht. Insgesamt sei für das Jahr 2022 ein Steueraufkommen in Höhe „von mindestens 692.359 Euro“ zu erwarten. Was den Aufwand zur Erhebung der Steuer betrifft, hatte die Stadt 2021 mit Personalkosten für zwei Stellen in der Größenordnung von zusammen rund 100.000 Euro gerechnet.

Schätzung: Steuer vermeidet halbe Million Verpackungen

Wie viel Müll allerdings durch die Steuer konkret eingespart wird, kann Tübingen auf #stadtvonmorgen-Nachfrage nicht mitteilen, da der Anteil des Verpackungsmüll im gesamten Müllaufkommen nicht erfasst wird. Aber: „Dass die Verpackungssteuer wirkt, sieht man vor allem daran, dass inzwischen deutlich mehr Betriebe Mehrweggeschirr anbieten“, sagt Palmer. Auch falle bei der Müllsammlung wohl weniger Verpackungsmüll an.

Das gemeldete Aufkommen aus der Verpackungsteuer lasse auf zwei Millionen verkaufte Einwegverpackungen schließen. Im Vergleich zum durchschnittlichen Aufkommen an Einwegverpackungen in Deutschland könne man davon „vorsichtig ableiten, dass die Steuer mindestens eine halbe Million Einwegverpackungen pro Jahr vermieden hat“, schätzt die Stadt.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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