Im Bundesrat scheitert eine geplante Novelle des Straßenverkehrsrechts. Die Städte bangen um das Gelingen der Mobilitätswende vor Ort.

Bis vor wenigen Tagen klangen die Städtetagpräsidenten Markus Lewe und Burkhard Jung, die Oberbürgermeister von Münster und Leipzig, in Sachen Mobilitätswende noch hoffnungsfroh. Gerade hatte die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“, zu deren Gründer Münster und Leipzig gehören, vermeldet, dass ihr nun mehr als 1.000 Kommunen folgen. Und am 24. November wollte der Bundesrat über eine bereits ausgearbeitete Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung entscheiden. Umso größer ist nun das Erstaunen darüber, dass diese Neuerungen nicht zum Tragen kommen.

Dedy: Bundesrat bremst Mobilitätswende aus

Im Grunde sei das Gesetzgebungsverfahren auf dem richtigen Weg, zeigte sich Jung am 17. November, also genau eine Woche vor der Entscheidung des Bundesrats, bei einer digitalen Pressekonferenz des kommunalen Spitzenverbands auf Nachfrage von #stadtvonmorgen optimistisch. Natürlich gebe es aus Sicht der Städte noch Verbesserungswünsche. Doch die geplanten Änderungen des Verkehrsrechts könnten dazu beitragen, die Verkehrswende vor Ort voranzubringen. Eine größere Flexibilität bei der Gestaltung der Verkehrssituation – insbesondere der Geschwindigkeiten – ist eine langgehegte Forderung der Kommunen.

Doch nun, eine Woche später, klingt die Einschätzung des Verbands ganz anders. Denn der Bundesrat hat am Freitag, 24. November, die geplante Novelle überraschend gestoppt. Für die Kommunen bedeutet dies, dass die als greifbar erschienenen Lösungen für lokale Verkehrsverhältnisse nicht kommen. Dies bedrohe die wichtige Transformation des Verkehrssektors: „Ohne ein modernes Straßenverkehrsgesetz wird die Verkehrswende in den Städten ausgebremst“, erklärt Städtetaghauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

„Mehr Gestaltungsfreiheiten für die Städte“

Die geplante Reform sei aus Sicht der Städte zwar „noch nicht der große Wurf“ gewesen. „Aber sie wäre ein erster Schritt, den Städten mehr Entscheidungsspielraum zu geben bei der Verkehrsplanung und der Verkehrssteuerung.“ Sinnvoll wäre gewesen, den offenbar strittigen Reformentwurf im Vermittlungsausschuss nachzuschleifen. „Stattdessen hat der Bundesrat die Mobilitätswende vor Ort erst einmal für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt“, bemängelt Dedy.

Nun bedürfe es einer raschen Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Das Ziel müsse sein, die Reform zügig noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden, fordert Dedy. „Eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes mit mehr Gestaltungsfreiheiten für die Städte wäre ein Baustein zur Verkehrswende, der Bund und Länder praktisch nichts kostet.“

Mehr Flexibilität für Städte kostet keine Milliarden

Dabei bezieht er sich auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht hatte die Art der Ausstattung des sogenannten Klima- und Transformationsfonds mit 60 Milliarden Euro für unzulässig erklärt und dadurch den Bundeshaushalt ins Wanken gebracht. „Wenn die Städte zum Beispiel selbst ohne komplizierte Verfahren entscheiden könnten, wo sie Tempo 30 einführen, braucht man dafür keine Milliarden. Und trotzdem ist es ein Beitrag zum Klimaschutz, zur Verkehrssicherheit und zum Gesundheitsschutz, der sich vor Ort schnell umsetzen lässt“, meint Dedy.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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