Auf dem Fernwärmegipfel verabreden Bundesminister und Verbände einen Ausbau der Wärmenetze. Ziel ist die Verdreifachung der Neuanschlüsse bis 2045.

Die Wärmewende im Gebäudesektor hat in den vergangenen Monaten spürbar Fahrt aufgenommen. Ein neues Gebäudeenergiegesetz soll ebenso wie ein Wärmeplanungsgesetz nach intensiven Diskussionen in die parlamentarischen Beratungen eingebracht werden. Für die Kommunen stehen dadurch umfängliche Weichenstellungen an. Eine Lösung für die Frage nach der richtigen Wärmeversorgung bietet der Aufbau von Wärmenetzen.

Eine Beschleunigung des klimaneutralen Um- und Ausbaus dieser zentralen Wärmequelle stand am Montag auf der Agenda des sogenannten Fernwärmegipfels im Bundeswirtschaftsministerium. Vertreten waren neben dem Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck und der Bundesministerin für Bau, Wohnen und Stadtentwicklung Klara Geywitz unter anderem die kommunalen Spitzenverbände, der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sowie weitere Verbände.

Dänemark als erfolgreiches Beispiel

Zur Einstimmung hielt der Leiter der dänischen Energieagentur einen Impulsvortrag, von dem Habeck in der anschließenden Pressekonferenz berichtete. Im nördlichen Nachbarland seien bereits 65 Prozent der Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen. Ebenfalls 65 Prozent trügen die erneuerbaren Energien zur Wärmeversorgung bei. Die deutschen Vergleichszahlen lauteten 14 Prozent und 20 Prozent. Die Dänen hätten bereits nach der Ölpreiskrise Anfang der 1970er Jahre mit dem Umstieg auf die Fernwärme angefangen, sagte Habeck. Deutschland stehe nur die Hälfte der Zeit zur Verfügung, um Ähnliches zu erreichen.

Anschlusszahlen verdreifachen

In der gemeinsamen Erklärung der Teilnehmer des Fernwärmegipfels wird bis 2045 eine Verdreifachung der angeschlossenen Gebäude angestrebt. Dafür müssten mittelfristig 100.000 Wohnungen jährlich neu an das Fernwärmenetz angeschlossen werden, sagte Habeck. Die Nachfrage von Kundenseite sei hoch, hätten die Vertreter der Stadtwerke und der Energiewirtschaft im Gespräch berichtet.

„Die heute verabschiedete Erklärung ist ein wichtiges Signal und muss ein Startschuss für den Ausbau der Fernwärme in Deutschland sein“, kommentiert Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert, Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages, die Ergebnisse des Gipfels. „Es ist gut, dass die Bundesregierung bei ihren Plänen für die Wärmewende jetzt die große und positive Bedeutung der kommunalen Wärmenetze für die künftige Wärmeversorgung anerkennt.“

Wärmeplanung soll Potenziale erschließen

„Wir wollen nicht nur die Art und Weise, wie wir in Deutschland heizen, anders gestalten“, beschrieb Geywitz die Aufgabenstellung. „Wir wollen auch möglichst preiswert heizen.“ Dazu brauche es in den Kommunen eine Planung, die das bisher nicht für das Heizen genutzte Potential anschaue. Sie nannte als Beispiele die Nutzung von Abwärme aus Industrieprozessen und Rechenzentren, Wärmepumpen, die Seewasser oder Abwasser nutzten, sowie Geothermie. „Wir werden das Wärmeplanungsgesetz mit dem Gebäudeenergiegesetz harmonisieren“, sagte Geywitz. Die Bürger müssten frühzeitig Informationen über den Ausbau der Fernwärme erhalten, um ihre individuellen Investitionen darauf abstimmen zu können.

Umstrittene Zielvorgaben für Dekarbonisierung

Im Vorfeld des Treffens hatte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, die in den Gesetzesentwürfen enthaltenen Vorgaben zum Anteil erneuerbarer Energie an den Wärmenetzen kritisiert. Geplant ist ein Anteil von 50 Prozent im Jahr 2030 und ein Anteil von 65 Prozent bis zum Jahr 2035. Sie seien in der Fläche nicht realisierbar und hemmten Investitionen. Ohnehin wolle man bis 2045 dekarbonisieren, weshalb vorherige Fristsetzungen auf dem Weg zur Klimaneutralität den Prozess eher erschwerten.

Hansjörg Roll, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme, nannte grüne Wärmenetze „ein wesentliches Standbein für eine klimaneutrale Wärmeversorgung“, insbesondere in Städten. „Wir werden hier 2045 klimaneutral. Das ist das Ziel und das werden wir erreichen. Auch die 50 Prozent 2030 als Zwischenziel haben wir bei uns fest im Aufgabenbuch stehen“, legte sich Roll fest.

g.schilling@stadtvonmorgen.de

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