Dass die Mobilitätswende an Tempo zulegt, erfordert kommunales Engagement. Die Städte warten aber darauf, dass der Bund sie lässt.

Der Erfolg der Mobilitätswende ist eine Frage der Geschwindigkeit: Während das eine, der motorisierte Stadtverkehr, langsamer und vor allem reduzierter vonstattengehen soll, soll das andere, die Planungsprozesse etwa für den Ausbau von Radwegen, an Dynamik und Tempo zulegen. Unter diesem Tenor lief gestern die siebte Auflage der Konferenz „Stadtgespräch“ zur urbanen Mobilität und städtischen Verkehrsplanung des Thinktanks Agora Verkehrswende. Die Veranstaltung fand in Hamburg statt. Sie untermauert den Ruf an die Bundespolitik, den Kommunen mehr Flexibilität bei der Gestaltung der örtlichen Verkehrsgeschwindigkeit einzuräumen.

Die Mobilitätswende beschleunigen

„Mehr Tempo bei der Mobilitätswende“ forderte Wiebke Zimmer, die stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende, zur Eröffnung der Konferenz. Am Fallbeispiel Hamburg zeigte die Veranstaltung modellhaft Lösungsansätze auf, „wie man die Mobilitätswende beschleunigen kann“. Dabei drängte Zimmer zugleich auf eine Reform des Straßenverkehrsrechts, wie sie im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.

„Auch hier brauchen wir Beschleunigung“, so Zimmer. Die Ziele des Umweltschutzes, des Klimaschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung müssten endlich „im Straßenverkehrsrecht angemessen verankert werden“. Die Bundesregierung liege hinter den selbst gesteckten Erwartungen zurück. „Wo die Beschleunigung zu wünschen übriglässt, ist auf Bundesebene“, meint Zimmer.

„Die Städte brauchen mehr Beinfreiheit“

Anjes Tjarks (Quelle: Daniel Reinhardt/Senatskanzlei/Behörde für Verkehr und Mobilitätswende)

Anjes Tjarks (Quelle: Daniel Reinhardt/Senatskanzlei/Behörde für Verkehr und Mobilitätswende)

Dabei weist der Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks auf die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ hin. Dem Städtenetzwerk haben sich mittlerweile über 770 Kommunen angeschlossen. „Die Städte brauchen mehr Beinfreiheit“, sagt Tjarks.

Es gehe nicht darum, Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit zu erheben, sondern die Möglichkeiten der Geschwindigkeitsanpassung zu erweitern. Die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs seien dafür – wie im Gesetz bereits verankert – wichtige Zielsetzungen. Doch Aspekte des Klimaschutzes, der Gesundheit und der Gestaltung des Stadtraums müssten im Gesetzestext ebenso Berücksichtigung finden.

Neues Mindset für den ÖPNV

Für die Stadtplanung sei es ein wichtiger Hebel, das Verkehrsgeschehen beeinflussen zu können. „Stadtplanung und Verkehrsplanung können nur Hand in Hand gehen“, unterstreicht Tjarks. Dabei plädiert er zudem für einen massiven Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Dies sei für die Verkehrswende und den Klimaschutz im Verkehrssektor entscheidend.

Tjarks skizziert zum einen Investitionen in die Infrastruktur und in zusätzliche Strecken. Zum anderen bezieht sich sein Plädoyer aber darüber hinaus auf ein neues Verständnis des ÖPNV. „Der ÖPNV muss ein anderer werden, dafür brauchen wir ein anderes Mindset.“ Es gehe um Kundenfreundlichkeit, Service und ein einfaches, nachvollziehbares Ticketsystem, das Hemmschwellen für die ÖPNV-Nutzung abbaue. Das Deutschlandticket weise diesbezüglich in die richtige Richtung.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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